noch 150 anderen politischen Gefangenen fest. Beim Näherkommen der amerikanischen Armee wurden wir evakuiert, natürlich mit ungekanntem Ziel. Dem Kameraden Sündermann und mir gelang es, durch Ausnutzung einer günstigen Gelegenheit zu flüchten. Über das Schicksal der Kameraden Rau, Reschke und Bleichert ist bis heute noch nichts bekannt. Das ganze Lager trauert um die 3 Antifaschisten, die immer in der ersten Reihe gekämpft haben und stets ihr Leben für das Wohl aller Lagerinsassen ein
setzten.
Die letzten Wochen des Nationalsozialistischen Konzentrationslagers Buchenwald standen unter dem Einfluß der sich immer mehr nähernden siegreichen alliierten Armeen. Alle KZ im Osten und Westen Deutschlands wurden von der SS evakuiert. Zu Tausenden wurden die Häftlinge nach Buchenwald gebracht. Hier hofften die Naziverbrecher, die Spuren ihrer zwölfjährigen Menschenvernichtung vor den Augen der Welt zu verwischen. Am 22. Januar 1945 trafen die ersten evakuierten Häftlinge aus Auschwitz ein, denen weitere folgten. Es waren zusammen 7210. Im offenen Viehwagen, bei strenger Kälte, waren sie 2 Wochen unterwegs. Mindestens 2000 Frauen und Kinder wurden weitertransportiert, nachdem sie am Bahnhof Buchenwald etwas zu Essen bekamen. Alle Kameraden aus dem Häftlingskrankenbau wurden mobilisiert, um die Frostwunden und Schlagwunden der Frauen, die ihnen während des Transportes von der SS beigebracht worden waren, zu verbinden.
Ein großer, in Lumpen gehüllter Elendszug wälzte sich täglich durch das Tor ins Lager, durch tagelanges Hungern erschöpfte und entkräftete Menschen. Die Straße vom Bahnhof Buchenwald bis zum Lager war mit Decken, Schüsseln und verlorenen Holzschuhen übersät. Dazwischen lagen sterbende Menschen, die nicht mehr die Kraft aufbrachten, bis ins Lager zu gelangen. Häftlinge aus dem Lagerschutz, Lagerfeuerwehr und Lagerkommando mußten mit zweirädrigen Karren und Handwagen, auf denen sonst Baumaterial gefahren wurde, die Leichen und die Sterbenden aus den Eisenbahnwaggons und von der Straße ins Lager fahren. Wie die Angekommenen erzählt haben, wurden die während der Fahrt vor Hunger und Erschöpfung gestorbenen Menschen aus den überfüllten Eisenbahnwaggons herausgeworfen. Es war notwendig, wenn die noch Lebenden nicht zugrunde gehen wollten. Beim Kommandanten des Lagers liefen Beschwerden darüber ein, daß in den unterwegs berührten Gebieten an den Bahndämmen Leichen gefunden worden
waren.
Die Kameraden, welche aus den Lagern Groß- Rosen, Stutthof, aus den Außenkommandos Köln, Aachen, Salzungen, Natzweiler und Ohrdruf nach Buchenwald evakuiert wurden, erzählten uns die furchtbaren Erlebnisse ihres
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