Kommandant Koch war bereits wegen Korruptionen verhaftet worden. Sein Nachfolger, SS- Obersturmbannführer Pister, hatte anscheinend von oben Anweisung, eine neue Linie in der Lagerpolitik durchzuführen. Die Antifaschisten aus dem Sonderkommando wurden am 3. Juli 1942 wieder in das Lager entlassen.
Unsere Arbeit mit den ausländischen Antifaschisten wurde verstärkt aufgenommen. Unter der Losung ,, Kameradschaft, Einigkeit und Disziplin" wurde für den Schutz und die Erhaltung des Lebens der Kameraden im Lager gekämpft. Diese gefährliche Arbeit wurde oft durch die menschliche Unzulänglichkeit beeinträchtigt. Damit will ich sagen, daß es immer wieder Häftlinge gab, die Lagerpolitik auf eigene Faust betrieben. Sie ließen sich von der SS mißbrauchen, führten die Anweisungen der Lagerführung durch, anstatt diese zu sabotieren. Zu dieser Kategorie zählten einige deutsche Capos, sogenannte politische Häftlinge, die auf den Arbeitsstellen Häftlinge schlugen und sogar totschlugen. Es waren dies Mückenheim, Häuschen, Stöckel, Herzog, Erich Vogel und Müller, genannt Waldmüller. Alle Antifaschisten bezogen Kampfstellung gegen sie. Man verachtete sie, sabotierte sie, und sie wurden aus der Kameradschaft ausgeschlossen. Vogel und Waldmüller haben sich aufgehangen, Häuschen und Stöckel starben, Mückenheim ging auf Transport und starb daselbst. Im Gegensatz zu diesen Lumpen waren die meisten politischen Capos zuverlässig. Sie schützten alle Kameraden in ihren Kommandos vor den Übergriffen der SS. Allerdings war auch dieser Möglichkeit Grenzen gesetzt. So mancher Copo bekam, wenn er auffiel, 25 Stockhiebe und wurde abgelöst. Ging ein SS- Bandit an der Baustelle vorbei oder hielt sich dort auf, so wurde scheinhalber gebrüllt. War die Gefahr vorbei, dann ging der Capo mit seinen Vorarbeitern herum und signalisierte ,,, Gefahr vorbei". Bei Gefahr wurde auf den Baustellen eine Parole herausgegeben. Wurde sie der SS bekannt, dann wurde dieselbe sofort gewechselt. Bei der Parole ,, 18" hat einmal ein Kamerad von einem SS- Mann jämmerliche Schläge erhalten. So mancher ausländische Kamerad begann die Art unseres Entgegenkommens zu begreifen. Er merkte, hier im Lager gibt es Antifaschisten. Sprachschwierigkeiten mußten überwunden werden, doch langsam bahnten sich politische Gespräche an. Nach mehrmaliger Bewährung wurde der Kamerad in die antifaschistische Lagerorganisation aufgenommen. Als die Zahl der ausländischen Antifaschisten größer wurde, mußten diese Kameraden ihre organisatorische und politische Arbeit unter ihren Landsleuten selbständig durchführen. Es ist klar, daß bei den gefährlichen organisatorischen und politischen Arbeiten auch Fehler gemacht wurden. So manchmal mußten radikalen Elementen bei Überspitzungen Einhalt geboten werden, denn das Krematorium lag sehr nahe und radikale Phrasen über bewaffneten Aufstand in Wort und Schrift mußten
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