derartiges Fiasko erlebt hatte, begann sie zu versuchen, ihre Todfeinde, die revolutionären Arbeiter und Antifaschisten, zur Lagerverwaltung mit heranzuziehen. Nach Erledigung Richters wurde ein deutscher politischer Häftling, Artur Wyschka, Lagerältester. Von da an begann eine neue Aera in Buchenwald. Es war der SS von Anfang an bekannt, daß die politischen Häftlinge nie dazu zu bewegen waren, etwas gegen ihre Kameraden zu unternehmen oder gar zu denunzieren. Die Lagerführung versuchte wiederholt, Capos, Vorarbeiter, Blockälteste, Lagerälteste usw. zum Verrat zu bewegen. Vergebliche Bemühungen. Wer sich gegen seine Kameraden verging, wurde erst verachtet und dann bei günstiger Gelegenheit rücksichtslos vernichtet. So kam es, daß sich die SS langsam daran gewöhnen mußte, daß von Seiten der Häftlinge, wie das unter der kriminellen Ära war, niemand zur Meldung gebracht wurde. Zur Bestrafung kamen nur noch solche Kameraden, die von den SS- Organen gemeldet wurden.
Am 18. April 1939 wurde auf Anordnung des Kommandanten unerwarteter. Weise der Schwarze Bunker aufgelöst. Und am 20. April wurde sogar ein Teil der politischen Häftlinge des Schwarzen Bunkers in das ,, Dritte Reich" entlassen. Die Nazis machten am 50. Geburtstag ihres Oberwahnsinnigen eine große Geste.
Anfang September 1939 war ich als Kranker im Häftlingskrankenbau Zeuge einer sehr interessanten nationalsozialistischen Lügenpropaganda. Der damalige SS- Standortarzt Dr. Ding, der Hunderte von Häftlingen in seiner Fleckfieber- und Typhus- Versuchsanstalt auf Block 46 abspritzen ließ, hielt an eine deutsch- amerikanische Delegation im Operationssaal folgende Ansprache: ,, Überall, wohin ich Sie in diesem Lager führte, haben Sie Ordnung und Sauberkeit gesehen. Hier können Sie sich überzeugen, wie Staatsfeinde im KZ Buchenwald behandelt werden, wenn sie erkrankt sind. So etwas hat nicht einmal Amerika für seine freien Menschen aufzuweisen, dafür aber eine große Hetze gegen unser nationalsozialistisches Deutschland. Wenn Sie nach Amerika zurückkehren, erzählen Sie es, daß in deutschen Konzentrationslagern Staatsfeinde besser behandelt werden, als in Amerika die freien Bürger..."
Einer der Deutschamerikaner merkte anscheinend, daß ich angesichts dieser Nazilügen errötete und fragte mich, wie lange ich schon in Haft sei. ,, Vier Jahre", erwiderte ich, worauf der Amerikaner staunte und ging. Hinter diesen Besuchern kam sofort der Lagerführer Artur Rödel aus München, der genau aufpaẞte, daß die Besucher mit keinem Häftling ein Gespräch anfingen, das man nicht kontrollieren konnte.
Daß ich am Leben blieb, habe ich nur meinen Kameraden zu verdanken, die Pfleger im Krankenbau waren. Ich hatte eine komplizierte Unterschenkel
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