erlaubt. Allerdings bewogen den Kommandanten zu dieser Erlaubnis nicht etwa humane Anwandlungen, sondern das Sinken der Arbeitsleistungen und das Steigen der Sterbeziffern.
In der Hungerperiode vom 1. November bis 24. Dezember 1937 irrten im Buchenwald nur hungernde Gestalten umher. Die Gleichgültigkeit dem Leben gegenüber war furchtbar. Jede Tonne mit Essenresten, Kartoffelschalen, Rübenabfällen usw. wurde von den Hungernden gestürmt. In ihrer unglaublichen Ausgehungertheit aßen die Häftlinge selbst verdorbene Lebensmittelreste. Eines Abends beim Appell gab der Eisbär bekannt, daß zwei Häftlinge im Revier verstorben seien, weil sie aus dem Abfalltrog des Schweinestalles' Abfälle verschlungen hatten und daraufhin sei ihnen der Magen geplatzt. Er warne alle anderen, dasselbe zu tun. Doch mehr zu Essen wurde trotz dieser offensichtlichen und eingestandenen Hungersnot nicht gegeben. Nach jedem Morgenappell beim Ausrücken zur Arbeit spielten sich schreckliche Szenen ab. Häftlinge legten sich auf dem Appellplatz in den Schlamm, der bei feuchter Witterung bis an den Knöchel reichte, da ja keine Straßen gebaut waren. Jede Arbeit war jedem widerlich. Der passive Widerstand endete in den meisten Fällen mit dem Tode. Dafür sorgten Lagerführer Weiseborn, Rapportführer Hackmann und ihre Büttel in den Reihen der Häftlinge. Trotz des Terrors wuchs die Kameradschaft und Einigkeit unter allen Antifaschisten Buchenwalds. Die Arbeitseinteilung wurde organisiert, Kameraden, die körperlich schwach waren, wurden in den einzelnen Kommandos von körperlich starken Kameraden unterstützt. Man erleichterte ihnen nach Möglichkeit die schwere Arbeit. So wurden abwechselnd die physisch schwachen Kameraden in den Busch geschickt, um auszuruhen, während ein anderer schwacher Häftling aufpaẞte und die übrigen für beide die Arbeit, wie Bäumefällen und Stämmeschleppen, mitverrichteten. Dies wurde durchgeführt, unbemerkt von der SS und ihrer Helfershelfer aus den Reihen der Häftlinge.
Dem Hunger traten wir auf folgende Weise entgegen: Es wurde in manchen Häftlingsgruppen, meist unter Landsleuten, eine Kollektivkasse gebildet, um die Kameraden, die von zu Hause kein Geld geschickt bekommen konnten, zu unterstützen. Dafür wurden Lebensmittel gekauft und gleichmäßig unter alle verteilt. Im Januar 1938 war bereits ein illegaler politischer Nachrichtenund Informationsdienst mit zentraler Leitung geschaffen. Zu dieser Zeit befand sich das Naziregime in einer Regierungskrise. Reichsbankpräsident und Finanzminister Dr. Schacht wurde ausgebootet. Darüber bekamen wir von politisch gut gebildeten Kameraden sofort eine Analyse. In Gruppen zu vier Mann kamen wir abends nach der Arbeitszeit geheim zusammen. Als harmlose Spaziergänger führten wir dann, ungeachtet des Wetters, unsere
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