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mus....‘ Sein leichter Schwächeanfall war schon über- wunden.
Die anderen aber schwankten im Inneren des Wagens durcheinander wie leere Bierflaschen bei geschwinder Fahrt. Ihre Gesichter waren verstört. Keiner war sich im Zweifel darüber, daß nun eine Zeitspanne voller Drangsalen für sie anheben würde, ja— daß sie einem
wahren ‚atrium mortis‘— einem ‚Vorhof des Todes‘ entgegenfuhren. Nun näherte sich der Wagen schon Dachau .... Wenn
vor 1933 jemand in der Welt diesen Namen aussprach, so meinte er das putzig romantische Städtchen, das sich in spießbürgerlicher Verträumtheit an eine sachte Hügel- lehne anschmiegt und zur fernen Kette der Alpen hin- übergrüßt, die an schönen Tagen am Horizont zu sehen ist.... Oder er dachte an die berühmte Malerkolonie gleichen Namens und unweit des Städtchens, aus der so mancher namhafte Pinselheld hervorgegangen ist, so daß die Kunstkenner von einem ‚Dachauer Stile‘ zu reden pflegten.
Seit der Machtergreifung durch das Hakenkreuz je- doch genießt Dachau einen traurigen Weltruhm sonder- gleichen, genau wie das ihm verschwisterte Buchenwald bei Weimar .... Erst durch diesen neuen Ruf ist es auch dem einsamsten Gaucho in den Steppen Patagoniens bekannt geworden——— als ein Begriff, der von dem Blute Unschuldiger gerötet, von Tränen genäßt und von Sterbeschreien, von Verwünschungen umgellt ist.
Auf einmal fährt der Wagen merklich unter einer Überwölbung hindurch, rattert und faucht, während der Scharführer zum Türfenster hinaus grüßt... dann folgt noch eine schnittige Kurve, welche die Insassen durch- einander purzeln läßt. Schließlich hält das Fahrzeug mit einem jähen Ruck—— und siehe da: sie sind im Kz! Noch nicht im eigentlichen Innenlager, der großen Barackenstadt, sondern neben Kommandantur und Ver- waltungsgebäude.
Ihr Begleiter steigt aus und brüllt: ‚Alles rraus!“ Nun hat Bert, der dicht neben der Tür sitzt, das be- 4*


