FERN UND EWIG LEUCHTET FRIEDEN

von der Blütenpracht des Frühlings, stehen wir bald darauf vor dem mächtigen Bau, dessen Mauern er- zählen von den Stürmen vergangener Zeiten.

Da beginnen die Glocken der Kirche ihre machtvollen Stimmen zu erheben. Wir schauen uns an und haben uns verstanden. Es ist ja Sonntag heute. Der Begriff für die Wochentage ist uns in der Lagerzeit völlig verloren ge- gangen. Zum erstenmal seit Jahren stehen wir in Frei- heit am Sonntag vor einer Kirche.

Wir treten in das Gotteshaus im Strome der Gläubigen. Scheu setzen wir uns in unsern zerlumpten Sträflings- kleidern in eine dunkle Ecke. In Dankbarkeit beugen wir die Knie vor Gott , dem obersten Lenker aller Ge- schicke, der uns gnädig herausgeführt hat aus Nacht und Tod und Grauen. Eine Stunde der Weihe, für uns beide ein unvergeßliches Erlebnis. Gottes Wort spricht zu uns zum erstenmal nach einer Zeit, in der wir in der furchtbaren Welt der Gottferne haben leben müssen, in der wir erlebt haben, was es bedeutet, wenn Gott den Menschen fern ist und seine Hand von ihnen zieht.

Als wir als letzte die Kirche verlassen wollen, tritt der Geistliche zu uns, der in dem Gottesdienst amtiert hat, anscheinend durch den Kirchendiener auf uns aufmerk- sam gemacht. Er begrüßt uns freundlich. Aus dem ab- gezehrten, ernsten Gesicht leuchten die Augen eines Menschen, dessen Blick nach innen gerichtet ist. Als er erfährt, wo wir herkommen, bietet er uns freundlich Quartier und Speisung an. Schwer hallen die Schritte unserer Holzschuhe durch den hohen Kirchenraum.

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