FERN UND EWIG LEUCHTET FRIEDEN
Diebstahl von Lebensmitteln bei der Lagerführung ist zwar eine unbedingte Notwendigkeit, um am Leben zu bleiben. Aber hier ist auch der Trennungsstrich: der eine hilft dem Gefährten, der andere verrät ihn. Hier sind zwei Welten, zwischen denen es keine Brücke gibt! Hier liegt der Trennungsstrich offen sichtbar zwischen dem Bösen und Guten im Menschen.
Die grinsende Fratze des Hungers ist für die Häftlinge die unablässig nagende Drohung. Wer schwach ist, verliert nach der äußeren auch die innere Widerstandskraft und geht unter.
Das ist die Luft, die wir hier atmen, getränkt von Blut, Schweiß und Leichengeruch, so daß der Mensch stumpf wird, unempfindlich für die Qual seines Gefährten, weil er nicht helfen kann, weil er nicht helfen darf, weil sein Leben dann in größte Gefahr kommen könnte. Oft frage ich, wenn ich diese furchtbaren Szenen erleben muẞ: ,, Wie ist es möglich, daß die Sonne scheint über so viel Grauen, daß der Abendhimmel erglüht in der Klarheit des ersten Frühlingsahnens, daß Wolken und Wind am Himmel jagen, und des Grauens der Anklage ist kein Ende?"-
Aber dann treten wieder die Gestalten meiner Zeit im Gefängnis zu Moabit vor mich hin, hinter denen sich die Pforte des Todes schon geschlossen hat. Mahnend und gütig waren sie, obwohl selbst in äußerster Todesnot; und der Glaube siegt in diesen Stunden Wochen Monaten tiefster menschlicher Erniedrigung, Verwirrung und Versuchung. Aber diese Erkenntnisse kommen nicht
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