FERN UND EWIG LEUCHTET FRIEDEN
Als der Zug wieder Stunden und Stunden auf einer kleinen Station hält, entsteht unter uns eine lange Debatte darüber, ob man einen Fluchtversuch in der Dunkelheit wagen solle. Aber draußen liegt Schnee, und die Spuren sind leicht zu verfolgen. Die Meinungen sind geteilt, die Gelegenheit erscheint unerwartet günstig. Die Posten haben nur Gewehre und keine Maschinen- pistolen. Wir haben es auf dem Marsch zum Bahnhof genau kontrolliert. Aber wir kennen uns alle gegenseitig nicht, verwahrlost und unrasiert, verfroren, verhungert, übernächtigt wie wir sind! Kann sich einer auf den andern verlassen in einer solchen Lage, die das letzte fordert?
Für viele ist der Tod gewiß, wenn sie an ihrem Bestim- mungsort ankommen. Wir sitzen und flüstern in der erregenden Dunkelheit. Hitzige Worte fliegen hin und her über die einzelnen Möglichkeiten.
Ich äußere meine Bedenken:„Lieber warten, bis wir in der Tschechoslowakei sind. Von Dresden aus gibt es keinen anderen Weg für unseren Transport. Außerdem ist dort die Bevölkerung auf unserer Seite. Hier in der dicht besiedelten Gegend wird sofort Volkssturm und SS auf uns Jagd machen, und wir werden zusammenge- schossen wie die Hasen!“
Ein großer, schmächtiger Sachse redet gegen an:„Hier in der Industriegegend bekommen wir alle Hilfe, hier ist doch von früher her alles rot. Außerdem ist die Front
230


