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DER PROZESS
besserlich. Kalt und vaterlandslos- wie vorhin bei seiner Vernehmung- lehnte er es sogar ab, für die hohen Ideen des Nationalsozialismus einzutreten, welche die Grund- lagen des heutigen Staates bilden.“
Die Stimme nimmt immer mehr an schneidender Schärfe zu. In mir kocht langsam eine unwiderstehliche, erbit- terte Wut hoch. Aber mein Anwalt, der bisher über die Hauptpunkte sich fortgesetzt stenografische Notizen gemacht hat, legt mir nochmals beruhigend die Hand auf den Arm.
Ich höre die Stimme des Anklägers wie durch einen Nebel:„Für einen solchen Menschen ist im national- sozialistischen Staat kein Platz. Er muß zerschmettert werden, damit seinen Ideen und seiner staatsfeindlichen Gesinnung endgültig jede weitere Wirkungsmöglichkeit genommen wird.- Ich beantrage gegen den Angeklagten wegen Zersetzung der Wehrkraft und staatsfeindlicher Betätigung in insgesamt sechzehn Fällen die Todesstrafe, Wehrunwürdigkeit und Verlust der bürgerlichen Ehren- rechte auf Lebenszeit.“-
Es herrscht Totenstille im Saal. Der Vorsitzende des Gerichtes schaut mit undurchdringlichem Gesicht wie in weite Ferne, nur die beiden Beisitzer, der Staatsrat mit goldenem Parteiabzeichen und der Hitlerjugendführer mit dem goldenen Hitlerjugendabzeichen drücken durch ihre Haltung Zustimmung aus. Sie haben während der ganzen bisherigen Verhandlung noch kein Wort gesagt, das darauf schließen läßt, daß sie den Versuch machen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Der Ankläger schaut
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