FERN UND EWIG LEUCHTET FRIEDEN

geschweige denn bewiesen war, steigt eine unbeherrschte Wut in mir hoch.

Als ob mein Verteidiger es fühlt, was in mir vorgeht, berührt er mich leicht am Arm.Ruhe, Ruhe, flüstert er. Die Anklage ist verlesen. Ich muß vortreten und meine Personalien und meinen Lebenslauf angeben. Wie oft habe ich mich auf diesen Moment innerlich eingestellt! Wie oft habe ich in der Einsamkeit meiner Zelle meinen Lebenslauf vor mich hingesprochen! Während ich vor- trete, klopft mir das Herz wie rasend. Mit äußerster Energie zwinge ich mich zur Ruhe. Nur jetzt keine Nervosität zeigen. Wie durch einen Nebel höre ich die Fragen des Vorsitzenden nach Namen, Alter. Dann höre ich meine eigene Stimme meinen Lebenslauf sprechen. Aber es ist ein anderes Ich, das spricht; Vorgänge, Namen, Ereignisse kühl und geschäftsmäßig schildert. Es ist wie in manchen Augenblicken höchster Spannung und Gefahr, die ich in meinem Leben mehrfach erlebt habe. Ich höre meine Stimme Fragen des Vorsitzenden beantworten, dann muß ich Platz nehmen. Die Beweis- aufnahme beginnt. Zuerst die Belastungszeugen. Dreist, anmaßend, von beleidigender Überheblichkeit der erste, ein ganz anderer Otto, als ich ihn im Rußlandfeldzug kennengelernt hatte. Jetzt ist er ohne Maske, gemein, hinterhältig, Ereignisse und Zusammenhänge bewußt übertreibend. Dann sein Intimus, der dicke Verwaltungs- beamte Albert, schwitzend vor Aufregung, ängstlich, sich widersprechend. Voller Bedenken vorher und nachher, so daß der Vorsitzende schließlich ungeduldig wird und

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