DER PROZESS

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Versicherungen meines Verteidigers, der meine Frei­sprechung zu erwirken hoffte.

Andererseits hatten mich die Erlebnisse hier im Gefäng­nis, wo in jeder Woche mehrere Kameraden als Opfer der politischen Justiz erschossen wurden, stark beeindruckt. Hätte ich doch fliehen sollen? Es wäre wirklich nicht schwer gewesen, eine Gelegenheit zu finden! Am leich­testen auf dem Transport hierher nach Minsk , wo der Int gutmütige und anständige Justizinspektor B. im Zuge so fest geschlafen hatte. Der Gefangene hatte seinen Wächter wecken müssen, damit gemäß dem Befehle beide richtig in Minsk aus dem Zuge kamen!

Es war mir klar, daß ein so gewagtes Stück, wie es heute die Entführung aus dem Gefängnis durch russische Offiziere in deutschen Uniformen gewesen war, doch eine Ausnahme darstellte. So etwas glückte nicht alle Tage. Nein, ich mußte noch abwarten, wie der Prozeß ausging. Ich durfte mich nicht vorher drücken.

Aber wie, wenn mein Verteidiger mich nicht frei bekom­men würde? Nach allem mußte dann mit meinem Todes­urteil gerechnet werden. Nein, auch dann nicht!- In der Lage, in der ich war, mußte ich abwarten, wenn das Risiko auch noch so groß war.

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Mitten in das zwischen Hoffen und Zweifel schwankende Meditieren über die trübe Gegenwart und das Grau der Zukunft trifft mich die Ankunft meines Verteidigers, der am Tage vor dem Prozeß nachmittags plötzlich in meiner Zellentür steht, doch fast wie eine Überraschung. Wir sprechen die sechzehn Punkte der Anklageschrift genau

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