DER PROZESS

fort.Kommen Sie, wir wollen uns setzen, dann spricht es sich besser. Er zieht den kleinen Hocker unter dem Tischchen hervor und setzt sich darauf, während ich mich auf die Kante der wackligen Pritsche niederlasse. Jetzt endlich fällt mir ein, woher ich diese Stimme kenne, die mir so sonderbar vertraut vorkommt. Es ist die Stimme aus der Todeszelle nebenan, die gestern früh dem Kameraden während seiner letzten Stunde zur Seite gestanden hat. Die einfache, abwartende Art meines Besuchers läßt mich meine Befangenheit bald über- winden.

Ich muß zugeben, daß ich zunächst eine gewisse Scheu habe. Ich habe noch die etwas kindliche Auffassung, daß die Welt eines Pfarrers mit dem Leben eines jungen, lebensbejahenden, gesunden Menschen nicht recht in Einklang zu bringen ist. Aber seine einfachen und herz- lichen Worte, der Eindruck seiner Persönlichkeit schla- gen rasch eine Brücke von Mensch zu Mensch. Wir sprechen zusammen, als ob wir uns schon jahrelang kennten. Als er merkt, daß ich in meinen politischen Äußerungen etwas zurückhaltend bin, lest er mir ruhig die Hand auf die Schulter und sagt:Sprechen Sie mit mir, wie es Ihnen ums Herz ist. Was Sie mir sagen, bleibt unter uns, denn ich will Ihnen als Ihr Seelsorger helfen. Nachdem er meine Schilderung über den augenblick- lichen Stand des Prozesses gehört hat, wird sein Gesichts- ausdruck sehr ernst.Ihre Lage ist viel undurchsichtiger und gefährlicher, als Sie vielleicht annehmen. Ich habe

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