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sichtern einander gegenüber standen. Wir wurden mit dem Ge- sicht gegen die Wand gestellt; die Fußspitzen mußten unten die Wand berühren, sodaß die Nase nur wenige Millimeter von der Wand entfernt war. Die brutalen SS. -Leute Held, Eberle und Braig schlugen uns alsdann in rohester Weise mit der Faust gegen den Hinterkopf, daß die Nasen hart gegen die Wand schlugen und das Blut in Strömen rann. Wehe dem Armen, der es wagte, sein Taschentuch zu nehmen, um sich das Blut abzuwischen!
Jeder Schritt, den wir von diesem Augenblick an gehen muß- ten, wurde unter wildem Geschrei und Hallo der uns jagenden SS. -Leute im Laufschritt vollzogen. Auf der Bühne wurden uns die Zivilkleider abgenommen und dann bekamen wir alle zer- rissene Lumpen, die mit roter Farbe als Gefangenenkleidung gekennzeichnet waren. Hierauf wurden wir in Räume gesteckt, die ursprünglich als Gefangenenzellen für einen einzelnen Mann bestimmt waren. In jedem Raum standen 6 Betten, und zwar je 3 übereinander, und in diesen Räumen mußten wir von nun an zu je 6 Mann hausen.
Es war eine furchtbare Zeit. Bei Nacht wurden wir in diesen Räumen eingeschlossen, die nur ein ganz kleines Fenster zum Oeffnen hatten. Morgens herrschte in diesen Räumen eine der- artige Stickluft, daß wir, wenn uns endlich die Türe geöffnet wurde, nach Luft schnappend der Tür entgegenfielen.
Im Schutzhaftlager Welzheim habe ich 5 Monate zubringen müssen. Eines Tages hielt uns der Lagerkommandant Buck, ein Sadist, wie ihn die SS. kaum je schlimmer hervorgebracht haben dürfte, einen Vortrag, in dem er ausführte, daß die Na- tionalsozialisten uns gegenüber noch einmal Gnade walten las- sen und uns demnächst in Freiheit setzen würden. Wehe dem jedoch, der sich künftig auch nur das Geringste zuschulden kommen lassen würde: er würde die grünen Hügel seiner Heimat nie mehr wieder sehen.
Eine Woche später wurden unsere Namen aufgerufen und wir glaubten, daß es nun bald in die Freiheit ginge. Wir wurden dann in einen Omnibus verfrachtet und— ohne Aufenthalt bis ins Konzentrationslager Dachau gebracht.
Das war die zweite fürchterliche Enttäuschung dieser 12 Jahre, die ich erleben mußte.


