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Es war im Februar 1937, als im Zuchthaus Amberg/ Oberpfalz unter
den Gefangenen die Parole ging, daß Transporte für die Strafgefangenenlager im Emsland zusammengestellt werden sollten. Daran knüpfte sich für viele von uns die Erwartung gesünderer Arbeitsbedingungen und besserer Verpflegung. Nach der langen Abgeschlossenheit von der Außenwelt in der Zelle und den öden Arbeitssälen war für uns schon die Aussicht verlockend, die Mauern mit dem Stacheldraht vertauschen zu können, um auf diese Weise wenigstens die Illusion einer gewissen Freiheit innerhalb eines Lagers zu genießen.
So nahte der Tag, an dem auch ich für ein Lager bestimmt wurde. Eines Morgens traten etwa fünfzig Strafgefangene in dem Hof des Zuchthauses an, und es wurden je zwei mit Handschellen zusammengeschlossen. Als Begleitmannschaft waren einige unserer Gefangenenwärter erschienen diesmal in Zivil- sie kamen sich in ihrer dienstlichen Verkleidung sehr wichtig vor. Und dann marschierten wir schweigend durch die Stadt. Es war ein klarer Vorfrühlingsmorgen. Die Freiheit winkte wie ein Traumland; sie war so unwahrscheinlich nahe und doch so fern.
Unterwegs trafen wir eine Kompanie junger Luftwaffensoldaten, ahnungslos und gutgläubig schallte uns ihr Gesang entgegen: ,, Heute gehört uns Deutschland und morgen-!"
Am Bahnhof angelangt, wurden wir in die bereitstehenden Waggons verladen, es waren sogar Personenwagen. Zu zweien an den Händen gefesselt, nahmen wir Platz. Wir hatten eine sehr schöne Fahrt - durch das bergige Franken, den sonnenglänzenden Rhein entlang, die Lorelei grüßte zu uns herüber. Doch die Gedanken weilten mehr noch bei den Menschen in den Städten und Dörfern, die, wie vom Wahnsinn getrieben, den zweiten Weltkrieg vorbereiteten.
Nach 24stündiger, oft unterbrochener Fahrt langten wir in Papen burg , dem Ziel unserer Reise an. Das Landschaftsbild hatte sich geändert, weite, öde Heideflächen mit spärlichem Baumwuchs waren die veränderten Kulissen des nun beginnenden Theaters.
Kaum hatten wir den Zug verlassen, als uns etwa ein Dutzend junger Wachtposten in blauer Polizeiuniform in Empfang nahmen, den Bahnsteig nach allen Seiten absperrten und mit schußbereitem Gewehr eine drohende Haltung einnahmen. Es gab bereits die ersten Kolbenstöße. Auf dem nun folgenden Marsch nach dem Gefangenenlager II, im Aschendorfer Moor, setzte es Ohrfeigen und Schimpfwörter in der üblichen preußischen Kasernensprache. Und dabei war nichts vorgefallen, was zu solcher Behandlung Anlaß gegeben hätte. Doch ich muß gleich bemerken, wir
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