Brief einer in den USA . lebenden jüdischen Freundin, die aus Deutschland emigrierte, vom 9. November 1916.
»*». Der schwurze 9. November. Im Jahre 38 holte man alle
Juden an diesem Tage, es war der Auftakt zu dem Morden von 6 Millionen... Die Judenangst, die Angst vor der Bestie Mensch wird nie vergehen... Ich bin hart geworden. Für mich existiert nicht der Begriff der guten Deutschen im Gegensatz zu den Nazis. Die guten Deutschen sind entweder tot oder ausgewandert oder— wie Du ex-KZ-Menschen. Mein Haß gegen die Deutschen ist gren- zenlos. Nicht wegen der 1} in Warschau und in den Gaskammern von Oswiecim (Auschwitz ) Gemordeten meiner Familie. Wegen der 6 Millionen, wegen— All right, Du warst im KZ, Du lebtest durch all das namenlose Grauen, Du lebst. Nur schreibe nicht, Geliebtes, Du wolltest die deutschen „underdogs“(Unterlegenen) mit der Berg- predigt erlösen. What I want to bring out: Sollte einer der Lauen, der Indolenten, einer der Millionen, die doch„nur gezwungen mit- machten“, eine meiner Gaben erhalten, mein Herz wird nicht mehr ruhen können, daß ich diese Gabe nicht einem Juden, der noch seine KZ-Nummer tätowiert hat, in ein DP.-Lager schickte, daß ich sie nicht schickte nach Cypern, wo Juden, die durch Hölle gingen, noch hinter Stacheldraht nach ihrem Zion schreien... Und Du wirst doch bald hier sein. Das ist doch da nichts für Dich... Wie kannst Du dort unter diesen Menschen noch leben, von denen man keinem mehr trauen kann. Junge Menschen— für immer ver- seücht...“
Dieselbe nach Empfang einiger deutscher Zeitschriften.
„May 19, 42.... Es ist sinnlos, was zu sagen. Ihr habt keine rechte Vorstellung, was los ist. Die armen Deutschen . Es ist alles zu scheußlich; aber man hat ja Routine im Abrücken und Verlieren bekommen. So bitte schicke keine derartigen Drucksachen mehr. Wir alle waren wie gelähmt vor Schrecken. Was ist von Deutschland zu erwarten, wenn Menschen wie Du so mit Blindheit geschlagen sind?...*;
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