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schlucken unseren Kaffee und unser Stück Brot(das in den letzten Wochen auch oft ausblieb). Ich reiche ihr die Hand:„wie schön, daß du es gestern geschafft hast“.„Dich müssen wir auch noch freikriegen“, antwortete sie,„wir werden uns darum bemühen“. Am Mittag kommt die tüchtigste und gescheiteste Arbeiterin unserer Kolonne, die ich gestern bei ihrem Todesmarsch unendlich allein mit sich selber gesehen hatte, zu mir und macht mir sehr gut durchdachte Vorschläge, mit: welcher Begründung ich um Streichung von der gestrigen Liste bitten solle. Man durfte dabei natürlich nicht merken lassen, daß man die Hintergründe durchschaute. Ich sagte ihr, das stehe mir nicht an, ich könne nicht um mein Leben bitten. Auch lag mir der seltsam getröstete Blick im Sinn, mit dem ein paar alte Frauen festgestellt hatten, daß ich auch zu ihrer Schar gehörte. War ihre Ge- meinschaft nicht mehr wert als meine Rettung?„Ich wollte es dir ge- sagt haben— die Entscheidung liegt bei dir.“ Ich wußte nun, sie, die sonst oft so Aufmerksame und Hilfsbereite würde in dieser Sache, in der es auch um ihr Leben gehen konnte, sich selbst nicht exponie- ren und auch die anderen Kameradinnen von solchem unklugen Vor- gehen abzuhalten versuchen. Am Nachmittag dieses unvergeBlichen Gründonnerstags, als wir wieder hinauf zur Arbeit gehen, tritt die kränkliche polnische Kameradin, eine gläubige Katholikin, etwas un- wirsch an mich heran:„Nun wirst du doch nicht verrückt sein und sagen, daß du nicht willst? Ich habe eben der Aufseherin gesagt, du
‚könntest gut marschieren, es sei ein Versehen, daß man dich für den
Transport notiert habe, du möchtest gern weiter in unserer Kolonne arbeiten. Nun wirst du doch nicht irrsinnig sein und mir einen Strich durch die Rechnung machen?!“„Komm her“, sagte ich zu ihr,„darf ich dir einen Kuß geben?“ Und etwas leiser fügte ich hinzu:„Das kann ich dir nie vergessen. Ich weiß, daß du das nicht aus besonderer Vorliebe für mich getan hast, sondern unserm Herrn Jesus Christus zur Ehre, der an diesem Tage seinen Todesweg für uns alle angetreten hat. Ich weiß, er hat lebendig vor dir gestanden und deinem Gewissen keine Ruhe gelassen, bis du dich einsetztest für mich, was dir das Leben kosten konnte.“ Sie schaute mich mit einem versonnenen, gütigen Blick an, alle Heftigkeit von vorhin war verschwunden. Später habe ich ihr gestanden, daß es mir schwer fiel, von dem schimmernden Licht einer anderen überirdischen Welt, das mir schon wie ein Ker- zenstrahl aus dem Weihnachtszimmer ins Herz zu leuchten begonnen hatte, zurückzufinden zu dem grauen KZ-Elend. Doch sollte jene schon
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