verweigerte die Gärtnereikolonne ,, Kellerbruch" die Arbeit, da das geerntete Gemüse an ein SS- Lazarett geschickt würde. Im ganzen erklärten ungefähr neunzig Bibelforscher, von nun ab keine Kriegsarbeit mehr leisten zu wollen; man ließ sie auf dem Hof des Zellenbaues drei Tage und Nächte strafestehen. Dann warf man sie in den ,, Bunker" in Dunkelarrest. Da aber der Platz im„, Zellenbau" für so viele Menschen nicht ausreichte, räumte man aus einem Flügel von Block 25( das war der letzte an der neuen Lagerstraße) alle Tische, Schemel und Strohsäcke, dann machte man die Scheiben mit weißer Farbe undurchsichtig und schloß von außen die hölzernen Fensterläden. Die schon entkräfteten Frauen wurden ohne Jacken, ohne Decken für die Nacht, ohne jegliche Sitzgelegenheit in diese dunklen Barackenräume gesperrt. Sie erhielten täglich eine Ration Brot und alle vier Tage Essen. Dort blieben sie vierzig Tage. Aber im Laufe dieser Zeit kam der Befehl von der Gestapo aus Berlin , daß jede Arbeitsverweigerung mit 75 Stockschlägen zu bestrafen sei. Die Bibelforscher, von denen viele zwischen fünfzig und sechzig Jahre alt waren, erhielten dreimal je fünfundzwanzig Stockhiebe. Nach vierzig Tagen sah ich sie im Bad. Sie waren wandelnde Skelette und mit Striemen bedeckt. Alle hatten Hungerdurchfall und machten den Eindruck von Geisteskranken. Viele wurden sofort ins Krankenrevier geschafft. Als man die Bibelforscher aus Block 25 herauslieẞ, erklärten sie, auch weiterhin keine Kriegsarbeit leisten zu wollen und von jetzt ab das Zählappellstehen zu verweigern, denn ,, wir erweisen nur Jehova die Ehre, nicht der SS!" Man verteilte sie über die Baracken des ganzen Lagers, und die Blockältesten erhielten den Befehl, sie mit Gewalt zum Zählappell zu bringen.
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Es war am Spätnachmittag eines glühend heißen Tages im Sommer 1942, als ein Trupp von ungefähr dreißig alten Frauen- Jüdinnen, die wohl erst vor ein paar Tagen ins Lager gekommen sein mochten, denn sie glühten vor Sonnenbrand- in die Lagerstraße einbog. Das Gesicht, die Hände, die Arme und die nackten Füße bis zur Hälfte der Waden waren rot und glänzend aufgeschwollen. Sie hielten die blutenden Hände von sich gestreckt. Man hatte sie den ganzen Tag lang ,, Ziegel schmeißen" lassen. Das war eine der gefürchtetsten Arbeiten. Nach dem Zählappell dieses Tages brachte ich einige kranke Bibelforscherinnen ins Revier, und dort stand auch die Blockälteste mit den dreißig alten Jüdinnen, um ihnen irgendeine Linderung gegen Sonnenbrand und die schmerzenden Hände zu besorgen. Da erblickte SS - Arzt Schiedlausky die Frauen und brüllte: Judenweiber raus!" Keine Einwände der Blockältesten hatten Erfolg, man jagte sie aus dem Krankenrevier. Am nächsten Morgen waren die Arme und Beine der Sonnenverbrannten mit Blasen bedeckt. Sie wagten sich wieder zum Revier und hatten Glück, man verband sie dieses Mal. Nach zwei Tagen wollte die Blockälteste die völlig durchweichten Papierverbände erneuern lassen, lief aber wieder SS - Arzt Schiedlausky in die Arme und flog unter Beschimpfungen aus
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