lichem Zuchthaus, saß im Isolator oder war noch in Untersuchungshaft. Irgend etwas hatten alle sagen hören.

An dieser Stelle will ich die Geschichte Hamilton Golds wiedergeben, so wie sie mir Thomas M. erzählte:

Hamilton G. war im Jahre 1935 oder 1936 mit einer Intourist­Reisegesellschaft nach Moskau gekommen. Er war Angestellter des eng­ lischen Boarding House, ein Radiofachmann. Als begeisterter Kommunist kam er, um sich die Sowjetunion anzusehen. H. G. muß noch jung ge­wesen sein, wohl nicht über fünfundzwanzig. Während seines Aufenthalts in Moskau wurde er auch mit irgendwelchen Russen bekannt. Man machte ihm den Vorschlag, in der Sowjetunion zu bleiben und in seinem Fach zu arbeiten. Er stimmte begeistert zu. Im Sommer 1936, bei Ausbruch des spanischen Bürgerkrieges, fuhr H. G. im Auftrag der Russen als Radiospezialist nach Spanien . Gegen Ende des Jahres 1937 oder An­fang 1938, in der Zeit, als die Russen mit einem Schlage alles, was sie nach Spanien zur Unterstützung der Republikaner geschickt hatten, zurückzogen, war Hamilton Gold in Barcelona . Man forderte ihn auf, zur Besichtigung und Begutachtung neueingetroffener Apparate auf ein russisches Schiff zu kommen, das vor der spanischen Küste lag. Er wurde mit einem Motorboot zum Schiff gefahren und an Bord in eine Kajüte geführt, die man hinter ihm zusperrte. Das Schiff setzte sich in Bewegung, und als Gefangener kam er nach Odessa . Kurz darauf wurde er, ohne daß man irgendeine Erklärung abgegeben hätte, vor den Untersuchungs­richter gebracht. Seine Anklage lautete auf Spionage. Als er sich weigerte, die gewünschten Geständnisse abzulegen und das gefälschte Protokoll zu unterschreiben, machte der Untersuchungsrichter Anstalten, ihn zu prügeln. ,, Darauf habe ich das Protokoll sofort unterzeichnet, denn als Engländer kann ich mich doch nicht schlagen lassen", erklärte er Thomas M. Er wurde zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.

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Um die Mittagszeit des zweiten Tages führte die SS unseren ganzen Transport zu einer Küche der NSV in Bialas, wo wir eine Erbsensuppe erhielten, die Tagesration Brot und ein wenig Marmelade. Bei dieser Gelegenheit beobachtete ich, wie einer von den Männern, ein Hamburger und angeblich ehemaliges Mitglied des Roten Seeleuteverbandes, der durch besonders lautes und aufdringliches Benehmen auffiel, einen SS­Mann mit ,, Heil Hitler " grüßte. Willi B., der in meiner Reihe marschierte, bemerkte es ebenfalls und wandte sich an mich: ,, Mensch, der übt sich schon!"

Dieser Aufenthalt im Gefängnis von Bialas ließ bei vielen neue Illusionen aufkommen. ,, Sie behandeln uns doch eigentlich ganz an­ständig!"-, Vielleicht gibt es eine Amnestie für aus der Emigration

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