Am 6. Mai fuhren wir in 50 Autos durchs Pustertal und durch die Dolo- miten nach Verona . Wir hatten ein prachtvolles Reisewetter. In Verona ‚ wurden wir in den für uns vorbereiteten Hotels sofort untergebracht. Von Verona aus flogen wir in 16 Flugzeugen am anderen Morgen nach Neapel . Nach zweieinhalbstündigem Flug trafen wir auf dem Flugplatz von Neapel ein, wo wir von dem Kommandanten der dritten amerikanischen Luftflotte herzlich empfangen wurden. Nach dem Mittagessen, welches auf dem Flug- platz serviert wurde, ging es zum Hafen, und wir bestiegen die Schnellboote der Amerikaner, die uns zur Insel Capri brachten. Dort erwarteten uns wiederum die Amerikaner mit ihren Autos, die uns nach Anacapri ins Luxushotel Eden-Paradiso brachten, wo wir 32 Tage blieben. Die Ver- pflesung seitens der Amerikaner war sehr gut. Alles, was wir nur aus Träumen und Filmen kannten, wurde uns dort dargeboten. Es waren Sachen zu haben, die die meisten noch nie in ihrem Leben gesehen hatten. Auch für unser Äußeres sorgten die Amerikaner sehr liebevoll. Wir bekamen Kleider, Schuhe, Wäsche, selbst Badezeug fehlte nicht. Zweimal täglich wurden wir zum Strand gefahren und auch wieder von Autos abgeholt. Ferner wurden für die ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers Konzerte veranstaltet. Die Einwohner Capris taten ihr Bestes, um uns unsere Leidensjahre schneller vergessen zu lassen, indem sie uns mit Geschenken, speziell Obst, über- häuften. Auch mit Toiletteartikeln jeder Art wurden wir versehen. Außerdem erhielt jeder ehemalige Häftling ein größeres Geldgeschenk von den Amerikanern.: S
Nachdem unser Aufenthalt auf Capri beendet war, wurden wir zu Schiff wieder nach Neapel gebracht, bestiegen dort die Flugzeuge und landeten nach- zehneinhalbstündiger Luftreise, die über das Mittelmeer und über die Städte Marseille , Lyon , Dijon usw. führte, in Paris . Dort verblieben wir einen Tag, um uns von den Strapazen der Luftreise zu erholen. Am anderen Tage flogen wir nach Frankfurt a. M., wo wir nach zweistündigem Flug ankamen. Hier wurden wir von dem Bürgermeister herzlich empfangen. Er bedauerte jedoch, erst eine halbe Stunde vorher von unserer Ankunft unterrichtet worden zu sein. Er müsse uns leider mitteilen, daß wir uns mit den uns zur Verfügung gestellten Quartieren vorerst zufrieden geben müßten. Wir wurden in einem’ Durchgangslager in der Walter-Grimm-Schule untergebracht. Auf Verwendung des Pfarrers der Josefskirche in Frankfurt wurden wir jedoch schon am anderen Tage auf Privatquartiere verteilt. Zehn Tage dauerte unser Aufenthalt in Frankfurt . Von dort aus ging es mittels Autos der Amerikaner in die Heimat. In meinem Wagen befanden sich u. a. Herr Höppner, Frau Gördeler, die Film- schauspielerin Isa Vermehren , die Frau des Armee-Oberpfarrers Schröder mit
zurückblieben: Bundeskanzler Schuschnigg mit Frau und Kind, Oberbürger- tt aus Wien , ferner die ungarischen, rumänischen und schwe-
meister Schmi dischen Minister und Offiziere.


