Asuncion stellte ein sonderbares Menschengemisch dar. Es gab die Herren des Landes, lärmende, vornehme Kreo­len, die elegant und schön über die Avenida schlenderten, geborene Großstädter, es gab die scheuen Indioblütigen, die still und demütig ihre Früchte verkauften. Es gab Mischlinge, Japaner und große, breite Europäer, die tri­umphgewohnt vor den Cafeterias im Schatten saßen.

Alles erinnerte an eine Großstadt, aber ich hatte ge­sehen, daß hinter den letzten Häusern sofort die Wildnis wieder begann, daß es sich hier um eine flüchtige, ober­flächliche Ansiedlung handelte. Die Stadt hatte alle Hände voll zu tun, daß sie morgen nicht wieder von der Wildnis verschlungen wurde und von den Urwäldern überwuchert. Noch fuhren jedoch die Straßenbahnen, räkelten sich gäh­nend die Taxichauffeure in der Mittagsglut und prome­nierten abends um fünf Uhr die wildgeschminkten Seno­ritas auf dem Korso.

An diese Stadt konnte sich immerhin ein Europäer hal­ten, aber ich wußte, daß die Rätsel des Kontinents drau­Ben warteten, dort, wo in der Hitze die Pferde gezähmt wur­den, dort, wo die Tupi- Indianer mit Pfeilen ihren Fisch erlegten, dort, wo der Iguassu donnerte und die Gummi­plantagen in der brütenden Sonne sich dehnten.

Ein Kapitän der Armee ließ uns Politische zusammen­rufen und bot uns an, in die umliegenden Gemeinden als Bürgermeister zu gehen.

Weisenborn, Memorial 17

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