ein Weltstück einem Haftstück gegenüber, und ich hoffe damit eine einigermaßen komplexe Übersicht über einen jener Lebensläufe in der damaligen Zeit geschaffen zu haben.

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Wenn die privaten Stücke zahlreich sind, so berücksich­tige man, daß es an den Orten der Niederschrift ange­bracht war, sich auf private Erinnerungen zu beschrän­ken. Einige von ihnen sind in der nicht ganz unberech­tigten Erwartung eines Todesurteils in verzweifelter Stimmung niedergeschrieben worden, darum beschäftigen sie sich gern mit der Größe und Schönheit der Welt. Die Schilderungen von erlebten Grausamkeiten habe ich da­gegen knapp bemessen. Ich könnte in dieser Frage wie jeder frühere Häftling Beträchtliches berichten, aber es erscheint mir unnötig, die zahllosen Schilderungen von Grausamkeiten, die die uniformierten Handlanger der Dik­tatur an unserem Volke vorgenommen haben, zu ver­mehren.

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Nur mag den Nachgeborenen noch berichtet werden, daß die tiefe Melancholie, in die uns Überlebende der furchtbare Tod so vieler Freunde gestürzt hat, vergrößert wurde durch die umfassende Enttäuschung, die uns die Entwicklung der Welt nach dem Krieg aufzwang. Aber was hilft es, unter lauter Klagenden zu klagen?

Wenn einst von den Nachgeborenen das Kapitel gelesen wird von jener Zeit, die unsere Zeit war, so bitte ich mit aller hartnäckigen Bescheidenheit jener Hunderttausende nicht zu vergessen, die aufrecht gegen den blutbesudelten Terror gekämpft haben und dabei kämpfend an der Scha­fottfront gefallen sind. Günther Weisenborn

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