dienstverpflichtet sei, schlagfertig geantwortet:„Ja, besonders!” und auf die weitere Frage, als was denn, erwidert:„Als Imi-Vertreter”, was die Fragerin, die natürlich das berühmte Reinigungsmittel„Imi” kannte, beides falsch verstanden hat, aber die Hauptsache war ja, daß ihre Wiß- begier gestillt war,
Wir haben niemals einen Dienstverpflichtungsbescheid erhalten und sind deswegen auch die ganze Zeit, die wir in Duingen waren, Gestapo - Häftlinge geblieben, Ob wir nun eigentlich Gefangene oder was wir vielleicht sonst waren, hätte, ebenso wie die ganze„Rechtslage‘ unserer dortigen Existenz, ein hervorragendes Thema für eine scharfsinnige ju- ristische Doktorarbeit abgeben können.
Die Bahnverwaltung war seitens der jetzt für uns zuständigen Gestapo - stelle Hildesheim durch Übermittlung eines dicken Konvoluts Richt- linien über uns nun in jeder Hinsicht informiert worden, In diesen Richt- linien stand zu Anfang zu lesen, daß wir grundsätzlich nicht anders zu behandeln seien, als deutsche Arbeiter. Der ganze übrige Inhalt der Bestimmungen bestand aber in zahllosen Ausnahmen von diesem Grund- satz, so daß dieser praktisch völlig in sein Gegenteil verkehrt wurde, Wir durften lediglich als Rottenarbeiter und nicht einzeln oder gar in einer irgendwie gehobenen Stellung beschäftigt werden, Es mußte dafür Sorge getragen werden, daß keinerlei Berührung zwischen der„deut- schen‘ Bevölkerung Duingens und uns entstand. Zu diesem Zweck waren die uns von unserem„Lagerführer” in dessen Begrüßungsansprache be- reits bekanntgegebenen Bestimmungen"darüber, daß wir nicht in den Ort gehen durften, daß uns der Besuch von Gaststätten und Kinos unter- sagt war und daß wir alsbald nach Beendigung der Arbeit das Lager richt mehr verlassen sollten, usw, usw. ausgetüftelt worden; im amüsan- ten Gegensatz hierzu stand die weitere Bestimmung, daß für„Unter- haltung” nach Feierabend gesorgt werden dürfe und könne,
Diese Richtlinien, die bei ihrem teilweisen Bekanntwerden— ganz hat sie die Bahn uns überhaupt niemals offenbart— bei uns Empörung und teilweise Entsetzen hervorriefen, weil bei einer ausnahmslosen Durch- führung dieses„Gesetzes” die Sache wohl noch schlimmer als in Farge geworden wäre, sind zunächst einmal zum großen Teil Papier geblieben. Die Bahn hatte unsere Handwerker viel zu nötig, als daß sie sich ohne weiteres bereit gefunden hätte, auch diese Handwerker— Schlosser, Maurer , Tischler, Mechaniker, Elektriker— als ungelernte Rottenarbeiter zu beschäftigen. Wenn die Bahn aber in diesem grundsätzlichen Punkt bereits von den Anweisungen der Gestapo abwich, konnte sie logischer- weise auch auf die weiteren Richtlinien kein besonderes Gewicht legen.
Insofern stand es ganz anders als in Farge: Die Entfernung nach Hildes-
heim, das mit der Bahn nur auf großen Umwegen erreicht werden konnte, war recht groß, denn Autos, um die dazwischen liegenden über 40 Land- straßenkilometer zu überwinden, gab es damals nicht mehr viele, und die Gestapo war daher weit. Die Bahnverwaltung konnte infolgedessen, so- lange Hildesheim nicht eine unmittelbare Kontrolle schickte, zwischen der Gestapo , der OT,, der Arbeitsfront und der Kreisleitung der Partei,
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