habende Aufsichtsbeamte ließ mich gewähren, drängte zu keiner Arbeit, fühlte vielleicht selbst den schweren Schlag, der mich getroffen hatte.

Ich selbst hatte niemals an meine Freilassung geglaubt. Dennoch klam­mert sich die menschliche Psyche, wenn der Mensch vor einem grausamen Schicksal steht, an die sagenhaften Wunderkräfte einer überirdischen Schick­salslenkung. So mußte sich auch bei mir im Unterbewußtsein ein kleiner Hoffnungsstrahl eingenistet haben, sonst hätte mich diese Eröffnung nicht so hart packen können.

Ich kann von mir nicht sagen, daß mich das Leben bisher sanft angefaßt hätte. Ich habe in ehrlichem und aufrechtem Kampfe meine Ueberzeugung durchgefochten und nicht nach links und rechts gesehen, gleichgültig was aus mir wurde, und habe immer und immer wieder von vorn anfangen müssen. Was mir jetzt jedoch bevorstand, hätte auch eine robustere und gleichgültigere Natur zu Boden geworfen.

Vor mir lag die Hölle des Konzentrationslagers, die Vernichtung!

Ich wußte, was Konzentrationslager bedeutete, wußte, daß der Verbrauch an Menschen die Belegziffern heute schon überschritten hatte, daß nur ganz vereinzelte Häftlinge bisher das Lager lebend verlassen hatten, daß nur wenige Menschen die furchtbaren Miẞhandlungen und die grausamen Quälereien überdauerten, daß der größte Prozentsatz der Gefangenen an Erschöpfung und an Hunger zugrunde gegangen war...

Sollte ich dieses Opfer überhaupt noch auf mich nehmen, da mir das Konzentrationslager nur eine so geringe Chance gab, einer von den wenigen Ueberlebenden zu sein?

Aller Lebenswille war in mir erloschen.

Bange Straße des Schicksals... Endlos und dunkel, ohne Baum und Freude und glückhaftes Verweilen...

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