Sie schwänzten die Arbeit, sie arbeiteten schlecht. Weder Drohungen noch Zureden half.

Zu Tausenden verschwanden die kleinen, zer­brechlichen Spulenkörper. Die Genossin, die das Materiallager verwaltete, kam zu mir: ,, Um Gottes willen! Was haben deine Russinnen angerichtet? Es läßt sich feststellen, daß Material verschwun­den ist!"

Ich ging von Maschine zu Maschine: ,, Die Spulen­körper können kaputtgehen. Viele sind sicher bei der Lieferung schon beschädigt. Ihr dürft sie abér nicht einfach wegwerfen. Ihr müßt sie ins Lager zurückgeben. Dort werden sie gewogen und als Ausschuß abgebucht. Ihr habt offenbar einige Tau­send leichtsinnig fortgeworfen. Damit es kein Malheur gibt, sucht zusammen, was ihr noch an brauchbaren Spulen und Ausschuß habt. Wir kön­nen dem Meister nicht sagen, daß keine Spulen mehr da sind. Er würde Sabotage vermuten."

Die Mädchen verstanden. Kein Geständnis, auch mir gegenüber nicht. Zur ,, Uberbrückung" gaben sie einige hundert Spulen heraus. In der Folgezeit wur­den die zwischen den Fingern zerquetschten Spulen brav abgeliefert, im Lager gewogen und abgebucht.

Nachrichtendienst

Ab 1943 durften wir Zeitungen halten.

Durch Zivilisten und durch einige SS - Leute er­fuhren einzelne Häftlinge die Berichte des auslän­dischen Rundfunks. Diese Berichte wurden weiter­gegeben an diejenigen, die man als verläßlich kannte. Wer die Nachricht erhalten hatte, gab sie nun seinerseits an ihm bekannte zuverlässige Häft­linge weiter. Es war ein nicht planvoll organisierter, aber ausgezeichnet funktionierender Nachrichten­apparat. Wir waren besser auf dem ,, laufenden" als die durchschnittlichen freien Deutschen.

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