Dann marschierten wir zum Lager zurück. In Fünferreihen. Wir stellten uns nicht richtig an. Wir waren herausgerissen aus der Lageratmosphäre. Wir beherrschten die Verhaltungsweisen nicht mehr. Die vielleicht zwanzigjährige Aufseherin regte sich auf, beschimpfte uns als ,, gottverdammt dämliche Weibsbilder". Eine der beiden Polinnen weinte leise.

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In den kommenden Monaten schickte mir Horst alles, was er in Frankreich auftreiben und bezahlen konnte: Butter, Zucker, Zitronen, Äpfel und Schoko­lade. Diese Hilfe kam im richtigen Augenblick: mein Körper war von Ausschlag zerfressen, keine Wunde heilte mehr. Mein Darm war noch immer nicht in Ordnung.

Ehe Horst die Politische Abteilung verließ, hatte er gefragt, ob nicht die Möglichkeit bestände, mich wieder zu heiraten. Er möchte wissen, daß ich auch nach dem Gesetz seine Frau sei. Er möchte für mich eintreten können. Einige männertolle Aufseherinnen

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alle waren übrigens männertoll erfuhren da­von und betrachteten mich, den Häftling, den ein deutscher Soldat heiraten wollte. Sie waren ent­täuscht über den schlechten Geschmack eines ,, Vaterlandverteidigers".

Neue Arbeit, neue Erfahrungen

Zwei entscheidende Veränderungen vollzogen sich mit mir in jenen Monaten:

Ich überwand die Furcht vor der SS, und ich lernte, im Lager leben. Ich lernte es, die tausend Verbote ständig mit Vorsicht, aber gleichzeitig übertreten. Ich schmuggelte

mit Sicherheit

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Kartoffeln und Rüben ins Lager. Ich organisierte mir Wäsche und Seife. Ich verlernte, zu glauben, daß die SS wissend und allmächtig sei.

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