Ich hatte meine Arbeit verloren, ich wurde ,, ver­fügbar".

-

-

Inzwischen kannte ich die Lagerverhältnisse so weit, daß ich mich nicht mehr vom Zufall treiben ließ, sondern mir eine Stellung ,, suchte". Ich ent­schloß mich nach langem Zögern zu einer Büroarbeit bei den im Aufbau befindlichen Siemens­Häftlingsbetrieben. Mit dem bisher einzigen Büro­häftling, einer österreichischen Genossin, verstän­digten wir uns. Die Kameradin im Arbeitseinsatz gab uns einen Wink. Wir stellten eine Gruppe von fünf uns genehmen Häftlingen zusammen und ,, stell­ten uns vor". Unser Wille gab den Ausschlag. Wir wurden alle fünf angenommen.

Bereits in den ersten Monaten in Ravensbrück , in diesen Monaten grauen Entsetzens und völliger Erschöpfung, machte ich Versuche, politisch zu arbeiten. Ich hatte wenig Erfolg. Bei den lang in­haftierten Kameraden erregte ich Anstoß, wenn ich die Zustände in Deutschland schilderte, so wie sie waren, wenn ich die Auffassung vertrat, ein rascher Zusammenbruch sei nicht zu erwarten. Meine Ver­suche, Fragen systematisch zu besprechen, er­schienen ihnen verdächtig.

Bei Siemens lernte ich eine tschechische Studentin kennen. Sie forderte von mir, daß ich mich mit ihr unterhielte, sie unterrichtete. Zwei Jahre lang war sie mir eine zähe Schülerin und gleichzeitig meine beste Freundin. ,, Unter meinen Händen" wurde sie zur Sozialistin.

Horst

Am 15. April 1943 wurde ich wiederum zur Poli­ tischen Abteilung gerufen. Es war ein sonniger Frühlingstag. Während ich stand und wartete,

61