fressen, ihre Finger seien nackt und hautlos, ihre Nägel lösten sich ab...

Die Verpflegung war unzureichend. Aber bei den Bauern, den Gärtnern, bei dem Besitzer einer Ge­treidemühle bekamen wir meist ,, Zukost". Dachten unsere Arbeitgeber" nicht von allein daran, so verstanden wir es, sie darauf aufmerksam zu machen. Im Laufe der Wochen entwickelte ich auf diesem Gebiet große Fertigkeiten. Mayer, der Gefängnisbeamte, der uns bewachte, ließ mich ge­währen. Nur einmal, als ich aus der Privatwohnung des Mühlenbesitzers an einem Tage mit dem fünften Laib Brot herauskam, meinte er besorgt: ,, Sprengel, Sprengel, übertreiben Sie nicht!"

Manchmal ging es uns aber auch schlecht: das Gefängnisessen war dünn oder gar verdorben, oder die Arbeitgeber gaben uns nichts. Dann stocherte Mayer besorgt in seinem eigenen Essen, war rasch satt und teilte den Rest unter zwei oder drei Frauen, der Reihe nach.

Er arbeitete mit uns. Damit die Arbeit rascher fortschreite und damit es keine Beanstandungen gebe. Nie schlug er den Weg des geringsten" Widerstandes ein: uns anzutreiben. Umgekehrt: wenn die Unternehmer mehr Arbeit verlangten, dann stellte er sich vor uns: ,, Sie müssen verstehen, bei dem schlechten Essen können die Frauen nicht mehr arbeiten."

Am liebsten arbeitete ich auf dem ,, Gotteszeller Acker": hoch oben auf der Schwäbischen Alb , mitten im Hochwald. Mayer verstand, daß ich das Bedürfnis nach Einsamkeit hatte. Nach dem Essen durfte ich mich entfernen. Dann wanderte ich wohl eine halbe Stunde allein durch Hochwald und Schluchten, pflückte Erdbeeren und Blaubeeren. Manchmal wünschte ich, daß die Menschen, die mir nahestanden, wüßten, wie gut es mir ging.

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