Mayer brachte Zeitungen mit und las uns die Wehrmachtsberichte vor. Bald hatte ich ihn soweit, daß er mir das Vorlesen übertrug. Dann behielt ich natürlich die Zeitung. Und konnte sie ganz lesen.

Jedesmal, wenn er die Zeitung aufschlug, zitterte ich: würden die Deutschen in diesem Sommer die russischen Ölquellen erreichen? Und wenn in dicken Lettern nichtssagende Überschriften standen wie: ,, Drei Briten- Flugzeuge abgeschossen", dann freute ich mich: der Sommer geht hin! Hitler erreicht die Olgebiete nicht. Der Krieg entscheidet sich zu­gunsten der Alliierten.

Entlassung und Transport

Am letzten Sonntag meiner Strafgefangenenzeit sagte eine Kameradin zu mir: ,, Stell' dir vor, Rita, heute in einer Woche sitzt du an einem gedeckten Tisch zusammen mit..." Ich fuhr auf, schrie sie an: ,, Halt den Mund! Ich will das nicht hören!"

Die Spannung der letzten Tage war unerträglich: Würde ich freikommen? Ja oder nein?

Zwei Tage vor meiner Entlassung. Wir waren nicht zur Außenarbeit gegangen.

Entlassungsrapport. Meine Hände waren feucht

und kalt.

Ich betrat das Zimmer des Anstaltsleiters. Ich trat dicht an seinen Schreibtisch. ,, Treten Sie einen Meter zurück!" sagte er.

,, Er hat Angst vor mir! Ich komme nicht frei!" ,, Ihre Entlassung geht leider nicht so ganz glatt!" Er sprach lange, monoton. Zum Schluß ermahnte er mich: Keine Dummheiten, keine Unbesonnen­heiten!"

Die ganze Abteilung sah mich an, als ich wieder in den Saal trat. Ich setzte mich auf meinen Platz. Den Kopf stützte ich in die Hände.

4 Eiserne Ferse

49