schäftigung, bei der ich nachdenken konnte. Eine halbe Stunde ging ich im Hof ,, spazieren", mit 40 Frauen zusammen, eine hinter der anderen. Sprechen war verboten. Eine hohe Mauer versperrte jede Aussicht. Aber ein Stück Himmel konnte man sehen. Während meine Schritte in den schwe­ren Skistiefeln auf den Steinen tönten, während die leichten Stöckelschuhe der anderen klapperten, hörte, summte ich tonlos eine Melodie: ,, Hört, wie der Schritt von Millionen endlos aus Nächtigem quillt..."

Mein Schritt paßte sich der Melodie an.

Nein, ich war nicht allein. Ich gehörte zu der großen internationalen Millionenarmee der Unter­drückten.

Die Freizeit war genau eingeteilt: eine Stunde arbeitete ich Mathematik( Differential- und Inte­gralrechnung), eine Stunde las ich.

Nachdem das Licht gelöscht war, trieb ich eine Viertelstunde Gymnastik. Bevor ich einschlief, stellte ich mir noch für den kommenden Tag mein ,, Programm" zurecht: über welche Fragen ich während des Tütenklebens nachdenken wollte.

Für meine Entwicklung waren diese hungrigen, einsamen vier Monate in Konstanz von großem Wert.

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Ich legte damals um in einem Bilde zu spre­chen Feuer an alles, was mir bisher wertvoll war. Ich übte rücksichtslose Kritik an meiner Über­zeugung. Die Werte erwiesen sich als ,, feuerfest", meine Überzeugung hielt der Kritik stand. Mir wurde zur Gewißheit, daß in unserer widerspruchs­vollen, chaotischen, ungerechten Welt es für einen anspruchsvollen Menschen und ich bin ein an­spruchsvoller Mensch nur eine Möglichkeit des Lebens gibt: ein Leben im Kampfe gegen Un­gerechtigkeit und Grausamkeit, gegen Widersprüche

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