bei Berlin . Alle drei und ihre Freunde gingen bei mir ein und aus.
Außerdem mußte ich unauffällig dafür sorgen, daß zu bestimmten Stunden meine Wohnung ,, frei" sei, da dann Genossen zu mir kamen.
Mein Bruder Jürgen war ein guter, kluger und entwicklungsfähiger Mensch. Ich hoffte, ihn in einigen Monaten zur Zusammenarbeit mit uns ,, reif" machen zu können.
Eines Tages berichtete er, Tränen in den Augen, daß er Zeuge gewesen sei, wie aus einer Wohnung sieben Leichen herausgetragen wurden: Juden, die sich gemeinsam das Leben genommen hatten. Über die Grausamkeiten gegen die russischen Kriegsgefangenen, über die niederträchtige Behandlung der ausländischen Arbeiter war er empört. Und er überlegte mit mir: ,, Was kann man dagegen tun?" Wo er es konnte, half er. Und doch, auch in seiner Einstellung war Oberflächlichkeit. Auch er war nicht frei von Korruption. So setzte er mir einmal auseinander: ,, In Deutschland herrscht gegenwärtig die Leithammel- Ideologie'. Es ist bequem und praktisch, dem Leithammel einfach nachzulaufen. Damit kommt man am weitesten. Sich den Kopf zerbrechen? Wissenschaftlich arbeiten? Versuchen, zu eigenen Anschauungen zu kommen? Wozu führt das? Wozu ist das gut? Erreicht man dadurch etwas? Kommt man dadurch weiter? Man macht sich nur Ungelegenheiten! Nützen tut alles Nachdenken, alle Selbständigkeit gar nichts! Was hast du z. B. davon, daß du eigene Anschauungen hast? Du bringst es nur weniger weit als jeder unbegabte Mitläufer! Und das Weltgeschehen änderst du auch nicht! Wir sind eine andere Generation als ihr. Wir sind praktischer. Wissenschaft, Nachdenken, alles kommt für uns nur soweit in Frage, wie es nützlich ist. Naturwissenschaft ist nützlich und not
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