1938/39 hatte seine Mutter alle Papiere zur Aus­reise nach Australien zusammen. Er lehnte es ab fortzugehen. Seine Mutter wollte sich von ihrem einzigen Sohn nicht trennen. So blieben beide in Deutschland .

Schwangerschaft

Im Frühjahr 1937 ging es mir sehr gut. Ich fühlte in mir eine seltsame Zärtlichkeit zu mir, zu der Welt, eine gesteigerte Lebensfreude. Ich war in heiterer, gehobener Stimmung. Ich erwartete ein Kind. Zu meinem Mann war ich zärtlich, ganz gegen alle Gewohnheit. ,, Wie ein junges verliebtes Mäd­chen", meinte er lachend.

Ich wußte, daß ich kein Kind haben durfte: Be­rufsarbeit, politische und wissenschaftlich- politische Arbeit beanspruchten alle Zeit. Mit einer Ver­haftung mußte ich jederzeit rechnen. Der Vater des Kindes war unpraktisch und nicht in der Lage, allein ein Kind zu erziehen. Meine Angehörigen waren Nazis. Ihnen hätte ich mein Kind nie überlassen mögen. Es blieb nur ein Ausweg: seine Geburt zu verhindern. Ein Eingriff bedeutete Schmerzen, Ge­fahren. Die Schwangerschaft war gegen unseren Willen eingetreten. Und doch freute ich mich von ganzem Herzen über sie. Staunend lernte ich mich selbst von einer ganz neuen Seite kennen: Mit einer mir unbekannten Leidenschaft begehrte ich dieses Kind, das nicht geboren werden durfte, liebte ich den Mann, der es mir geschenkt hatte, liebte ich mich, weil ich es trug.

Ich ging zu einer Ärztin. Ich bat sie, einen Ein­griff vorzunehmen. Sie lehnte ab, redete mir gut zu, das Kind auszutragen. Ich sagte ihr: ,, Ich begehre das Kind. Aber, ich habe Pflichten. Ich bin ein ent­wickelter Mensch, der etwas bedeuten kann. Ich habe zu wählen zwischen meiner Leistung und der

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