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Schläge nicht duldet? Da kommen sie, die ich kannte und die den Krieg überlebt haben, aus ihren Kellern, aus ihren Verstecken, aus den Ruinen ihrer Häuser, stehen vor ihrer vernichteten Existenz und der schweren, ungewissen Zukunft und fragen mich: was hätten wir tun können, wie hätten wir uns wehren sollen? Ich sah, wie im Ghetto die Juden starben, zusammengetrieben wie das arme Vieh, wie sie zitternd vor ihrem Grab stan- den und auf die Kugel warteten. Es war ihnen in keiner Weise gegeben, sich zu wehren, sie waren nur Opfer, nur Leidende, sie hielten die Maschinedes Todes nicht in Gang. Aber war das große Volk der Deutschen ein Häuflein verlorener Juden? Was wäre geschehen,— ich kann nicht umhin dies zu denken,— wenn Deutschland , das alte Deutschland , den Befehlen seines Molochführers nicht gefolgt wäre, wenn es aus Einsicht, Klugheit, Charakterstärke und Christlichkeit den Parolen des Krieges und der Unmenschlichkeit standhaften Unge- horsam entgegengesetzt hätte? Wenn kein Mann zur Armee, keine Frau in die Fabrik gegangen wäre und die Bewohner der Städte sich nicht gefügig den Bomben ausgesetzt, sondern geschrien hätten: nein, wir wollen das nicht erdulden, wir wollen leben!— wäre dann nicht die Macht des Dämon in sich zusammengefallen, ein Nichts geworden, und wir hätten über das Macht- stäubchen lachen können, statt über den Staub der Städte weinen zu müssen! Bedenkt: die Städte würden dastehen in alter Pracht, die Gefallenen würden leben, die Krüppel würden gehen und der Hunger wäre nıcht in den Augen der Kinder, wenn ihr Nein gesagt, wenn ihr nicht eure Leiber, eure Kinder, eure Liebsten, eure Arme und euren Fleiß dem Unheil ausgeliefert hättet.
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