War das eine Überraschung! Ich muß lachen, wenn ich daran denke, wie wir alle uns aufgeregt haben. Auch Christa war ganz atemlos, als sie mich an das Telefon rief. Ein Reichsblitzgespräch aus Berlin ! Das Fräulein vom Amt rief immer wieder:„Wiederholen Sie Ihre Nummer!“ Am Apparat war die Reichskanzlei. Es schnurrte richtig vor lauter„Heil Hitler“ im Draht, und ich wußte gar nicht, was ich erwidern sollte. Ich darf’s doch nicht sagen! Endlich hörte ich ein breites, bayerisches„Grias Good, Jackl, bist as Du?“ und ich atmete auf. Es war der Obergruppenführer Schreck, der mich aus Berlin anrief. Er ist ein guter und treuer Kunde. Oft hat er mein Geschäft besucht und die neuesten Stücke mußteich ihm immer zurücklegen. Wenn ich in den letzten Jahren einmal bedrückt war über die antisemitischen Maßnahmen, sagte er immer:„A geh, Jackl, Dir wern ma doch nix toa!“
Es war noch dunkel, als es an meiner Tür läutete. Ich wachte auf und sah, daß es erst fünf Uhr war. Ich wußte sofort, daß etwas Furchtbares auf mich zukam. Es gibt ein altes Gerücht, nach dem man um diese Zeit „abgeholt“ wird. Ich habe dem Gerücht nicht geglaubt. Ich habe es nicht beachtet. Aber jetzt, als im schlafenden Haus meine alte Türglocke so merkwürdig schrill und fremd zu hören war, da wußte ich, es ist wahr, es ist so, sie sind da! Ich rannte zur Tür, als ob ich den Lärm der Glocke ersticken wollte. Es war, als ob ich mich vor dem
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