richtige Augenmaß in der Sache finden, als unbedingte Voraussetzung für die richtige individualisierte und differenzierte Bewertung der Taten meiner Mandanten- insbesondere der von Sakowski und Zander. Schon allein in der Perspektive dieser Angeklagtenbank sind sie im Grunde genommen kleine Schräubchen des ungeheuren Mechanismus der Massenmorde.
Sakowski, Paul, der die Volksschule besucht hat, arbeitete bis 1937 als Heizer eines Oderdampfers. Er war 17 Jahre alt, als er von der Polizei verhaftet wurde. Man verurteilte ihn zu Gefängnishaft. Er wurde jedoch nach Verbüßung der Strafe nicht entlassen, sondern ins Lager eingeliefert. Im Jahre 1939 wird er wegen einer Schlägerei mit dem Vorarbeiter Kravepal in den Zellenbau überführt.
Es ist verständlich, daß er im Lager ein armseliges, hungriges und von den Lagergewaltigen abhängiges Dasein fristete. Ihnen ist klar, daß dies ein langsames Sterben war, das nur durch eine Kugel oder einen Strick abgekürzt werden konnte. Der Hunger trieb ihn dazu, sich mit den SS - Männern einzulassen. Ein Almosen in Form eines Brotkantens, welcher das unvermeidliche Ende verzögern könnte, stieß ihn in die Arme der Lagerführung. Natürlich war er bemüht, das Vertrauen der SS - Leute voll und ganz zu rechtfertigen, wußte er doch, daß die SS - Männer Leute brauchten, die zu jedem abscheulichen Verbrechen bereit waren.( Siehe Band II, Vernehmungsprotokoll vom 21.12.1946.)
Er machte tagtäglich eine anschauliche Schulung in Gewalttat und Mord durch. Doch war er noch kein Henker; für diese Rolle war er noch nicht reif. Der erfahrene suchende Blick der Organisatoren von Morden ruhte auf ihm nur als auf einem möglicherweise in Betracht kommenden Anwärter.
So wurde am 6. 10. 1940 der zwanzigjährige Sakowski dem SS- Hauptscharführer Franz Ettlinger zu einer vertraulichen Aussprache vorgeführt. Zwischen ihnen entspann sich eine Unterhaltung, die außerordentlich bezeichnend für die Bewertung der durchdachten und
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