Die vierte Frage ist für die Entscheidung des Schick­sals der in den gegebenen Verfahren Angeklagten wohl die aktuellste und geht darauf hinaus, welche Momente bei der Feststellung der Grenzen der persönlichen Verantwortung jedes der Angeklagten als mildernde Umstände berück­sichtigt werden sollen.

Bei der Lösung dieser letzten Frage darf man nicht außer acht lassen, welchen Einfluß soziale Verhältnisse, Um­gebung und geistige Atmosphäre des Hitlerregi­mes auf die Angeklagten, auf die Vorbereitung ihres Wil­lens zum Verbrechen ausgeübt haben.

Bei der Lösung derselben Frage darf man auch nicht außer acht lassen, welchen Einfluß in bezug auf ihre psy­chische Entwicklung das ganze Hitlerregime ausgeübt hat.

Man darf weiter auch das Problem der Verantwortung des ganzen Hitlerregimes und seiner Bestandteile nicht mit Schweigen übergehen. Nicht weniger aktuell sind auch solche Momente wie der Grad der Offenherzigkeit und Auf­richtigkeit der Angeklagten sowie auch die Gefahr, die jeder von ihnen in der heutigen Situation darstellt.

Genossen Richter! Die geschichtlichen Wurzeln, die ideo­logischen und politischen Voraussetzungen des Hitler­faschismus sowie das durch die faschistischen Häuptlinge praktisch verwirklichte Programm der Erziehung von will­fährigen Vollstreckern aller ihrer Befehle sind allgemein be­kannt. Deshalb werden wir jetzt nicht diese Umstände ein­gehend analysieren. Das ist ja auch im Rahmen und im Umfang einer Verteidigungsrede unmöglich.

Um den Gedanken der Weltherrschaft der deutschen Rasse zu verwirklichen, hatte Hitler den gesamten Staats­apparat des» Dritten Reiches « in den Dienst dieser Idee ge­stellt, indem er seine Maßnahmen auch in der Frage des Nachwuchses nach dem großkapitalistischen Prinzip organi­sierte und ausführte. Zur Verwirklichung dieser Aufgabe wurden Presse, Rundfunk, Schule, Literatur, Kunst und sogar der Sport herangezogen. Für die Bildung der öffent­lichen Meinung wurde in Deutschland ein kolossaler Auf­wand an Kraft und Mitteln gebraucht. Der Faschismus

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