Der Arzt Baumkötter schämte sich auch nicht, eine Scheinrolle bei Massenerschießungen in dem als Arztzimmer getarnten Erschießungsraum zu spielen. Aber nur sehr ungern gesteht er seine Mittäterschaft ein. In den aus­weichenden Antworten, die er dem Ankläger gibt, offenbart sich seine niedrige Gesinnung.

Staatsanwalt: Haben Sie auch Häftlinge, die zur Massen­erschießung in den als Arztzimmer getarnten Erschie­Bungsraum gebracht wurden, untersucht?

Baumkötter: Jawohl. Ich habe solche Häftlinge darauf­hin untersucht, ob in ihren Mundhöhlen Metallzähne, Gold-, Platin- oder andere künstliche Zähne vorhanden waren. Staatsanwalt: Geschah dies ausschließlich zu diesem

Zweck?

Baumkötter: Heute erst ist mir klar, was ich seinerzeit nicht wußte, daß die Häftlinge durch eine solche Schein­untersuchung über die wahren Absichten getäuscht werden sollten. Deshalb war die Untersuchung ja auch auf die Mundhöhle beschränkt. Aber das fiel mir seinerzeit nicht auf.

Staatsanwalt: Waren Sie seinerzeit wirklich so naiv, daß. es Ihnen nicht bewußt wurde, daß der Häftling, den Sie untersuchten, bereits drei Minuten später ein toter Mann

war?

Baumkötter( zögernd): Ja, sicher mußte ich feststellen, daß die Häftlinge kurz darauf erschossen wurden.

Staatsanwalt: Wozu bedurfte es dann der Untersuchung eines Menschen, der wenige Minuten später erschossen wer­den sollte?

Baumkötter: Wie schon gesagt, um die Mundhöhle zu untersuchen. Wenn künstliche Zähne vorhanden waren, mußte der betreffende Häftling mit Ölfarbe und Pinsel, welche auf dem Tisch bereitstanden, besonders gezeichnet werden.

Staatsanwalt: Und es ist Ihnen wirklich nicht klarge­worden, daß die Untersuchung nur deswegen stattfand, um nach der Erschießung zu wissen, wo Goldzähne zu finden sind?

Baumkötter: Heute weiß ich es.

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