Staatsanwalt: Wurden Experimente mit Zyankali durchgeführt?
Baumkötter: Jawohl! Es war Ende 1944 oder Anfang 1945, als der Sanitätsinspektor der KZ- Lager, SS- Standartenführer Nolling, ins Lager kam. Vorher war ein Häftling zu einem besonderen Versuch ausgesucht worden. Ich mußte mit dem Sanitätschef zum Krematorium gehen. Auf dem Wege zog Nolling aus seinem Feuerzeug eine kleine Ampulle, 1 ccm Inhalt, diese wurde dem Häftling in den Mund gelegt, und er mußte zubeißen. Nach wenigen Minuten war der Mann tot.
Staatsanwalt: Nach welcher Zeit trat der Tod ein? Baumkötter: Ich stellte fest, daß der Tod bereits nach 15 Sekunden eingetreten war.
Staatsanwalt: Zu welchem Zweck wurde dieses Experiment überhaupt durchgeführt? Die Einwirkung von Zyankali auf den menschlichen Organismus ist doch längst bekannt?
Baumkötter: Mit diesem Experiment sollte nur festgestellt werden, in welcher Zeit die eingegebene Dosis auf den Menschen tödlich wirkt. Wie ich weiß, wurde dieses Experiment auf Befehl Pohls durchgeführt, um ein Mittel zu finden, welches den hohen SS- Führern nach dem Fehlschlag dieses Krieges es ermöglichen sollte, sich schmerzlos und in kürzester Zeit ihrer Verantwortung zu entziehen.
Staatsanwalt: Also als Chefarzt des Lagers Sachsenhausen waren Sie an der physischen Vernichtung von Häftlingen beteiligt?
Baumkötter: Auch das, jawohl.
Staatsanwalt: Das heißt, daß Sie in Ihrer Rolle als Arzt, der verpflichtet ist, Menschen zu heilen, gerade das Gegenteil getan haben, nämlich Menschen vernichtet?
Baumkötter: So muß man wohl sagen.
Staatsanwalt: Und das heißt, daß unter dem Hitlerregime Ärzte in den KZ- Lagern nur zum Schein existierten und in Wirklichkeit ganz andere Funktionen hatten?
Baumkötter: Das ist die volle Wahrheit. Anders kann man es nicht sagen.
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