schen geschrieben, die in den Todeslagern gelitten haben, die selber gemartert, gepeinigt und gefoltert worden sind. Die bisherige Literatur wurde geschrieben von ehemaligen Häft­lingen. Aber dieses Zeugnis wäre ohne den Sachsenhausen­Prozeß in gewisser Hinsicht unvollständig geblieben. Bis­lang fehlte das umfassende Geständnis der Henker und Mas­senmörder selbst.

Wer möchte es auch für möglich halten, wenn er nicht selber mit eigenen Augen und Ohren dabei sein konnte, daß es wirklich ein entartetes menschliches Individuum gibt, wie den ehemaligen SS- Standartenführer Kaindl, der vor aller Öffentlichkeit kaltschnäuzig erklärte:» Jawohl, unter meiner Verantwortung wurden 42 000 Menschen vernichtet!« Oder daß man vor sich in leibhaftiger Person einen Menschen sehen konnte, wie den ehemaligen SS - Unteroffizier Schubert, der auf die Frage, ob er an der Massenerschießẞung sowjeti­scher Kriegsgefangener teilgenommen habe, ruhig erklärte: >> Das war für mich eine Selbstverständlichkeit. Ich habe mit eigener Hand 630 Russen umgelegt!<<

In der bisherigen, gewiß nicht armen Geschichte der Pro­zesse gegen faschistische Kriegsverbrecher gibt es nur wenige offene Geständnisse. Aber es gibt welche. Das erste konnte man im Nürnberger Gerichtssaal hören, als der ehe­malige Leiter der sogenannten Einsatzgruppe Ost, SS­General Ohlendorf, in den Zeugenstand gerufen wurde. Mit der gleichen eisigen Kälte wie der SS- Standartenführer Kaindl im Sachsenhausen- Prozeß erklärte seinerzeit jener SS - General:» Jawohl, unter meiner Verantwortung wurden 92000 Menschen ermordet.<< Seinerzeit hielt die Welt unter dem Grauen dieses Geständnisses für einen Augenblick den Atem an, aber trotzdem wurde das Geständnis rasch von dem weltbewegten Strudel, den der Nürnberger Prozeß auf­wühlte, in das Meer der Vergessenheit gezogen. Die SS­Mörder aber, die in darauffolgenden Prozessen von der je­weils zuständigen Besatzungsmacht zur Verantwortung ge­zogen wurden, sahen sich gar nicht bemüßigt, ihre Massen­morde einzugestehen, weil sie von ihren Gerichten bedauer­licherweise selten wegen ihrer allgemeinen Barbarei, sondern

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