zumeist nur wegen verschiedener Einzelmorde an Alliierten zur Rechenschaft gezogen wurden.

Das sowjetische Militärtribunal hat erstmals den in Sach- senhausen verübten Massenmord an allen Opfern, gleich welcher Nationalität, hat erstmals das große Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit schlechthin auf- gerollt. In diesem Prozeß wurde nicht nur der Mord an den Staatsbürgern der prozeßführenden Besatzungsmacht, son- dern wurde der Massenmord an Angehörigen von 47 euro- päischen Nationen, wurde der Mord an Polen, Tschechen, Franzosen, Belgiern, Holländern, Engländern, Juden genau so wie jener an deutschen Kommunisten, Sozialdemokraten, bürgerlichen Antifaschisten und Geistlichen geahndet.

So wurde der Sachsenhausen-Prozeß zu einem Prozeß gegen das System der KZ-Lager schlechthin, gegen das faschistische System und dessen willfährige, verbrecherische Werkzeuge.

Die überaus gründliche Vorbereitung des Prozesses durch das sowjetische Tribunal, welche anfangs Überraschung, im Verlauf der Verhandlungen aber uneingeschränkte Be- wunderung aller Prozeßteilnehmer hervorrief, brachte es mit sich, daß der Prozeß in acht Tagen abgewickelt werden konnte. Dadurch gewann er an Klarheit und Sachlichkeit. Die vieldiskutierte Geständnisfreudigkeit der Angeklagten wirkte aber nur im ersten Augenblick überraschend. Die An- geklagten waren Menschen, die sich von vornherein bewußt sein mußten, daß man jedem einzelnen von ihnen nicht nur Dutzende und Hunderte, sondern manchem sogar Tausende von Morden mühelos nachweisen konnte. Sie wüßten, daß nach Sprengung der KZ-Mauern in den überlebenden Häft- lingen Tausende und aber Tausende von Zeugen wider sie erstanden waren, und sie mußten deshalb die Gewißheit haben, daß allein deswegen schon jeder Ableugnungsver- such nutzlos geblieben wäre. Darüber hinaus aber mußten sie nach dem Zusammenbruch ihres Regimes eine weitere, bittere Erfahrung machen, nämlich die, daß ihnen unheim- liche Belastungszeugen im eigenen Kreis unter ihren ehe- maligen Komplicen erwuchsen.