manchem alten ,, Lagerfuchs" rollten im Dämmerlicht des Christabends die hellen Tränen über die abgezehrten, bleichen Wangen
Mit kleinen, selbstgefertigten Bastelarbeiten, die trotz ihrer Primitivität große Freude hervorriefen, beschenkten wir uns gegenseitig.
Ohne besondere Zwischenfälle verbrachten wir dann die Feiertage und den Sylvesterabend. Am Neujahrsmorgen begrüßten wir uns mit einem hoffnungsvollen ,, Prost Neujahr ", ohne zu ahnen, was das neue Jahr für eine Überraschung bringen sollte.
Miẞmutig stapften wir in den ersten Tagen des Januar 1943 durch den tiefen Schnee zur Arbeit. Eintönig wie immer gingen die Tage dahin Neuzugänge kamen, Tote fuhr man hinaus.. Da wurden eines Morgens drei Oberschlesier und ich zur Entlassung aufgerufen. Es schien uns unfaẞbar. Da noch immer Fleck- und Bauchtyphus im Lager herrschte, mußten wir noch vier Wochen in Quarantäne verbleiben. Dann kam der Tag, an dem ich mit den anderen Schicksalsgefährten die Häftlingsuniform mit der Zivilkleidung wieder vertauschte.
Rasch nahmen wir noch Abschied von den Zurückbleibenden, dann führte uns ein Posten zur SS - Schreibstube.
Dort legte uns Hauptscharführer Palitsch ein Schriftstück zur Unterschrift vor, in welchem wir uns verpflichten mußten, über die Organisation, Aufbau und Vorgänge im Lager strengstes Stillschweigen zu bewahren, andernfalls wir wieder eingeliefert und unsere Erzählungen als Greuelpropaganda gewertet würden, was den sicheren Tod für jeden von uns zur Folge hätte.
Natürlich unterschrieben wir, froh, endlich das Todeslager Auschwitz hoffentlich für immer verlassen zu können.
Ein Unterscharführer brachte uns durch das weite Lagergelände an den Posten vorbei zum Bahnhof Auschwitz . In dichtem Schneetreiben standen wir vier auf dem Bahnsteig. Noch einmal flogen unsere Gedanken zu den zurückgebliebenen Kameraden zurück, da fuhr zischend und fauchend der Zug ein.
,, Einsteigen!"
Ein greller Pfiff der Lokomotive und langsam, dann immer. schneller werdend, setzte sich der Zug in Bewegung. Bald war das unheimliche Auschwitz unseren Blicken entschwunden. Die Schreckensbilder in uns aber wollten nicht verblassen.
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