,, Eine Stunde Pfahl und anschließend Strafversetzung zum Arbeitskommando Gleisbau!"

Das erste, was wir im Block 11 sahen, waren hohe, frei­stehende Pfosten. In etwa zwei Meter Höhe waren starke Eisenhaken eingeschlagen. Unsere Arme wurden nach rück­wärts gebogen und die Handgelenke mit einer eisernen Kette zusammengeschnürt. Mit dem an der Kette befindlichen Ring hing man uns dann an den Eisenhaken auf. Frei hingen wir am Pfahl.

Der nach unten ziehende Körper dehnte bzw. kugelte durch seine Schwere die Schultergelenke so stark aus, daß manch einer vor Schmerz das Bewußtsein verlor. Es war keine Sel­tenheit, daß oft der eine oder andere am Pfahl verstarb.

Diese erste Stunde Pfahl war ein wahres Höllenmartyrium! Unheimlich klang das Stöhnen und Schreien der Hängenden. Dem SS- Posten machte es besonderen Spaß, die Schreienden noch hin und her zu schaukeln, um ihre Schmerzen zu er­höhen. Die Kette am Handgelenk schnürte die Blutzirkulation ab, unsere Hände liefen blauschwarz an. Minuten wurden zu Ewigkeiten. Der rasende Schmerz in den Schultergelenken nahm uns fast die Sinne. Mit zusammengebissenen Zähnen und blutleeren Lippen, tanzende Feuerräder vor den Augen, so hingen wir am Pfahl! Um uns das andauernde krampfhafte Stöhnen und Wimmern der anderen ebenso Verurteilten.

Da peitschte glühende Pein rettungsloser Verzweiflung un­sere Seelen zu einem letzten, starken Gefühl auf: zu vernich­tendem Haß gegen unsere Henkersknechte, die mit teuflischer Gelassenheit, Zigaretten rauchend und lachend, diese Be­strafung zu Folterqualen grausamster, unerträglichster Art steigerten. Und dieser Haẞ wurde eins mit dem Haß unserer Ohnmacht gegenüber dem Schicksal

Als wir vom Pfahl abgenommen wurden, massierten wir lange gegenseitig unsere Hände, um die Blutzirkulation wie­der in Gang zu bringen. Es kam aber auch vor, daß alle der­artigen Bemühungen erfolglos blieben und die abgestorbenen Gliedmaßen nekrotisierten und amputiert werden mußten. Mit Schaudern und Grauen denke ich heute noch zurück an diese Art ,, Strafen", die mich und vielen anderen durch ihre Nachwirkungen einen Großteil einstmals fester Gesundheit gekostet haben.

Der Pfahl wurde von der Politischen Abteilung auch häufig zur Erpressung von Geständnissen angewendet. Um durch verstärkte Zugkraft nach unten die Schmerzen des Hängen­

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