ihm in das Gefährt. Sein Anerbieten, den Alten zu begleiten, wurde schroff abgelehnt: ,, Sie haben schon genug für mich getan. Ich danke Ihnen. Mein Name ist Christian Waag."
Mit welcher Bestürzung und Ergriffenheit vernahm Lauterbach den Namen seines bisher unbekannten Mentors! Entblößten Hauptes, den Kopf geneigt, stand er am Straßenrand und blickte dem davonrollenden Wagen nach.
Lauterbach war die Bedeutung Waags für die moderne Literatur bekannt, und er war erschüttert von der Vorstellung, daß er achtzehn Monate hindurch in stummem Ringen mit einer der größten Figuren gestanden hatte, die unsere zeitgenössische Geistesgeschichte kennt. Jetzt verdammte er seine Leseträgheit, die ihn davon abgehalten hatte, sich mit dem Werke Waags bekannt zu machen, und noch mehr verwünschte er seine Angst und Schüchternheit, die ihn verhindert hatten, Waag kennenzulernen und von ihm Anregung und Kritik, Hilfe und Rat zu empfangen.
Als Waag am nächsten Morgen nicht im Café Stephani erschien, machte sich Lauterbach sofort und voll bangender Unruhe auf den Weg nach der Wohnung des Alten. Dort angekommen, mußte er erfahren, daß Waag bereits vor Stunden verschieden war. Von Schmerz und auch von Scham erfüllt, sich auflehnend gegen diesen unwiderruflichen Spruch des Schicksals, der ja erst der langen, schweigsamen und so fruchtbaren Bekanntschaft den Stempel der Sinnlosigkeit aufdrückte, drang Lauterbach in das Sterbezimmer des Toten ein und verriegelte die Tür hinter sich. Er wollte die besondere Art der Gemeinsamkeit, die ihn mit dem Toten verbunden hatte, so lange wie nur möglich ausdehnen. Er zerrte einen Stuhl an das Bett und blickte stumm in Waags Gesicht, wie er ihm in der langen Zeit ihrer Bekanntschaft oft stumm und fragend ins Gesicht geblickt hatte. Aber war das Schweigen des Lebenden selbstverständlich und vertraut gewesen,
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