Stoß sorgfältig gefalteten Papiers aus der Rocktasche, glät­tete es auf dem Tisch, warf einen flüchtigen Blick auf ein paar schon beschriebene Seiten, tauchte seine Feder ein und begann zu schreiben. Die Stirn des Fremden war hochgewölbt, die weißen Haare fielen tief in den Nacken. Eine mächtige Adlernase sprang aus dem zerfurchten Gesicht und gab ihm einen herrischen, selbstbewußten Ausdruck.

Lauterbach hatte gute Gelegenheit, den Fremden mit Muße zu betrachten, denn der war so völlig in sein Werk vertieft, daß er auch nicht einen Augenblick lang aufsah. Er schrieb und schrieb. Unheimlich schnell, so schien es Lauterbach, unheimlich schnell füllte sich ein weißes Blatt nach dem an­deren, wurde mit einer abwesenden Geste der linken Hand beiseite gelegt, während die rechte bereits den Halter be­fruchtend über das Weiß des neuen Bogens tanzen und sprin­gen ließ. Ein eifervoller, besessener Fleiß, eine erstaunliche, durch nichts zu beeinträchtigende Konzentrationsfähigkeit sprach aus der Hast, mit der der Alte schrieb.

Ihm fließen wahrhaftig die Worte aus der Feder, dachte Lauterbach in einer Mischung von Bewunderung und Neid, während er sich der vielen Stunden erinnerte, die er nieder­geschlagen, ja verzweifelt an seinem Schreibtisch verbracht hatte, ohne auch nur eine Zeile, ohne auch nur ein Wort aufs Papier zu bringen. Nicht einmal den Kaffee rührte der Alte Er bedurfte offenbar keiner Stimulanz. Er schrieb und schrieb. Lauterbach betrachtete ihn wie verzaubert, bis er entdeckte, daß es schon spät am Mittag war.

an.

Sein Gepäck stand am Bahnhof, und er wußte noch nicht, wo er in der fremden Stadt wohnen werde. Er machte sich also auf die Suche nach einem Zimmer, fand nichts, was ihm zusagte, und mietete sich endlich müde und erschöpft im dunklen Raum eines Hinterhauses ein, der ihm auch noch zu teuer für seine beschränkten Mittel erschien.

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