gesessen hatte oder Max Halbe . Wen würde er jetzt dort treffen? Vielleicht den verrückten Billinger oder Toller, Brecht mit den kurzgeschnittenen Haaren oder gar Becher und von den Brüdern Mann möglicherweise den Heinrich, denn sich von Thomas vorzustellen, daß er in ein ordinäres Kaffeehaus ginge, schien Lauterbach ebenso absurd wie etwa der Gedanke, daß sich der König von England selbst am Morgen seine Frühstücksschrippen aus dem nächsten Bäckerladen hole.
Als Lauterbach eintrat, war das Café Stephani leer. Ein Kellner, eine blaue Schürze vorgebunden, fegte Zigarettenstummel, leere Streichholzschachteln und alte Zeitungen am Boden zusammen; ein anderer ging von Fenster zu Fenster und schlug mit einem Serviertuch die dicken, schwarzen Fliegen tot, die dort herumsummten.
,, Ich bin eben noch zu früh dran", sagte sich Lauterbach und konnte sich doch nicht seine Enttäuschung verbergen. Die Luft war verbraucht, die Wände waren schmutzig. Das Geschirr stand ungewaschen auf dem Büfett. Lauterbach, der die Nacht nicht geschlafen hatte, fühlte sich müde und wanderte entschlußlos durch den Raum, bis er sich endlich in einer Ecke niederließ. Auf dem Marmortisch klebten Kaffeeund Bierreste. Es dauerte lange, bis der Kellner von der Fliegenjagd an den Fenstern ablieẞ, mit dem Tuch hastig über die Tischplatte fuhr und Lauterbach das Frühstück brachte.
Noch während dieser dabei war, das halbrohe Ei mit dem Löffel aus dem viel zu hohen Glas herauszufischen, betrat ein anderer Gast das Café Stephani. Lauterbach war sofort von seinem Anblick auf das äußerste eingenommen. Der Fremde ließ sich auf der entgegengesetzten Seite des Raumes nieder, schüttelte mit einer ungeduldigen Bewegung seiner Schultern den Umhang ab, den er statt eines Mantels trug, bestellte Kaffee, ein Wasserglas und Tinte. Dann zog er einen dicken
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