Sie denn so? Ihre Mutter ist nicht mehr jung und trotz ihrer Konstitution gab es Gründe genug."

Erwin erinnerte sich jetzt der paar Worte, die er in der Straßenbahn auf dem Wege zu Waldingers Klinik aufgefangen hatte. ,, Meine Mutter wollte es nicht", flüsterte er.

,, So?" fragte Waldinger, und seine buschigen Augenbrauen fuhren auf. ,, Mir hat sie jedenfalls das Gegenteil gesagt." ,, Aber noch auf dem Wege" beharrte Erwin.

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Hastig unterbrach Waldinger: ,, Wahrhaftig, das geht mich nichts an. Ich kann mich nur an das halten, was ich mit meinen eigenen Ohren höre. Und jedenfalls ist es besser, wie die Dinge jetzt sind, das können Sie mir glauben."

Er hatte rasch und ärgerlich gesprochen, doch setzte er nach einer Weile leise hinzu: ,, Sie braucht länger als nötig, um sich von der Sache zu erholen. Es fehlt ihr an Energie. Deswegen habe ich auch diese Badereise empfohlen. Etwas Zerstreuung, eine psychologische Hilfe, den Willen zur Ge­nesung zu stärken."

,, Mein Einziger", klang es Erwin auf dem Heimweg in den Ohren. An diesem Abend versprach Erwin der Mutter, sie auf ihrer Ferienreise zu begleiten.

Erst wollte Erwin Josefa schreiben, doch dann schämte er sich, und er bat Josefa, sich doch einen Nachmittag frei zu machen, da er mit ihr reden wolle.

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Allzu bereitwillig fand sie sich wenige Tage später nach Dunkelwerden in seiner Wohnung ein. Als er ihr seinen Ent­schluß mitteilte · es fiel ihm leichter, als er ursprünglich gedacht hatte, da wurde Josefa sehr blaẞ. Sie begann so heftig und durchdringend zu weinen, daß Erwin sich wahr­haftig vor ihr fürchtete. Aber was immer sie auch unter Schluchzen und halben Schreien stammelte, konnte ihn nicht umstimmen. Er saẞ unbeweglich und stumm auf seinem Platz, bis sich ihr Jammer erschöpft hatte. Dann beugte er sich ein

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