war. Das Gehen fiel ihr schwer, und nur mit Mühe konnte Erwin ihr in den Zug helfen. Während der Fahrt dachte Erwin an Josefa, die er seit Monaten zum ersten Male über Sonnabend- Sonntag allein ließ. Je weiter ihn der Zug davontrug, um so unnatürlicher schien ihm, daß er nicht mit ihr zusammen sein könne, um so inniger verlangte ihn nach ihr. Mit diesem Verlangen im Herzen sprach er, ohne die Mutter anzusehen, von Josefa und von seiner Liebe.
Wortlos hörte die Mutter ihn an, wortlos blickte sie, nachdem er geschlossen hatte, durch das Fenster auf die vorüberziehende Landschaft draußen, die Stoppelfelder, die braunen Äcker, die Wiesen mit den Kühen, die Hügel und die Kapellen an Wegrändern und Ackerrainen.
Lange wartete Erwin. Die Mutter ließ ihm Zeit genug, alle Möglichkeiten ihrer Antwort zu überlegen, bis auf die eine, die sie dann fand.
,, Dein erstes Abenteuer also", sagte sie und ließ die Fingerspitzen über das Glas des Fensters gleiten.
Ein Abenteuer, ein erstes Abenteuer,
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wie konnte die
Mutter nur so sprechen, wie konnte sie ihn so sehr miẞverstanden haben.
Gewiß, er hatte nicht von Leidenschaft gesprochen, hatte das Wort Liebe in seiner Scheu nicht gebraucht.
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, Wer ist denn dieses Mädchen?" fragte die Mutter dann. Es klang kaltherzig und feindselig.
Erwin sah sich gezwungen, Josefa zu verteidigen, indem er ihre Lebensumstände erklärte. Sie arbeitete als Lehrerin, sie erhielt sich selbst, da ihr Vater nur eine geringe Pension bezog.
Der Mutter Blick wurde nur um so prüfender. ,, Ja, wie alt ist sie denn eigentlich?" rief sie aus. Das war die Frage, vor der Josefa ihn gewarnt hatte. Erwin erinnerte sich daran, und es schmerzte ihn, daß sie also recht behalten hatte.
,, Nun", drängte die Mutter, ,, ist es etwa ein Geheimnis?"
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