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Erwin erwartete Josefa, die jeden Sonnabend nachmittag mit einem dieser Kleinbahnzüge aus dem Dorfe kam, in dem sie als Lehrerin tätig war.
Erwin und Josefa kannten sich seit einem halben Jahr. Ihre Liebe, jung wie am ersten Tag, wuchs noch immer, senkte tiefer ihre Wurzeln in ihre Herzen, breitete ihre Äste noch weiter aus, so daß Erwin und Josefa weder den Himmel über sich noch die Welt um sich sahen. Sie schritten im Schatten ihrer Gefühle und Empfindungen, ihrer Träume und Hoffnungen wie in einem Garten ewigen Frühlings dahin.
Ihre Beziehung war rein und leidenschaftlich zugleich, heftig im Verlangen und im Gewähren köstlich. Seit Erwin Josefa kannte, war sein Leben, das nüchterne, trockene Leben eines Banklehrlings, reich und schön geworden. Die Wirklichkeit bot sich ihm als Traumerfüllung dar. Und dennoch, das war das Wunder, reiften immer neue Erwartungen heran. Was versprach er sich doch nicht alles von der gemeinsamen Alpenreise, die sie beide in Heimlichkeit für die Ferien vorbereiteten.
Ärgerlich über sich selbst entdeckte Erwin, wie die Ängste um den Zustand der Mutter verdrängt wurden von der Sorge, ihre Ankunft könne seine Pläne für den Rest des Tages stören: das Wiedersehen mit Josefa, den Spaziergang durch die Wälder, das Nachtmahl in einem Dorfwirtshaus und den Heimweg im Silberlicht des Mondes.
Endlich lief der Zug in den Bahnhof ein. Über das Knirschen der Bremsen und das Keuchen des ausströmenden Dampfes hinweg vernahm Erwin die Stimme der Mutter, die seinen Namen rief. Sie streckte ihm beide Hände entgegen.
Sie begrüßten sich, als seien sie durch Jahre hindurch getrennt gewesen, und Erwin spürte in der Wärme, mit der ihn die Mutter umarmte, Vergebung für seine Schuld, und er küẞte sie bewegt.
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