Steffie antwortete nicht. Das machte mich traurig. Ich hatte den ganzen Tag gearbeitet und solange auf sie gewartet. Nun war ich müde und hätte ihr gern das Kunigundenbild gezeigt und ein gutes Wort von ihr gehört.
Da begann sie von Lernau zu sprechen. Seit Monaten hatte sie ihn nicht mehr erwähnt. Jetzt also war endlich ein Brief von ihm gekommen. Die Blätter knisterten in ihrer Hand.
Ich wollte Licht machen, aber sie ließ es nicht zu. Frierend auf dem Sessel zusammengekauert sprach sie ins Dunkel hinein. Lernau hatte ihr geschrieben, es sei aus. Er habe sich in München verlobt. Steffie nannte auch noch den Namen seiner Braut. Sie entstammte einer sehr einflußreichen Familie.
Kaum konnte ich abwarten, bis sie ausgesprochen hatte. Dann sagte ich ihr alles, alles, was ich für sie empfand. Die Dunkelheit und ihr Verlassensein machten mich verwegen. Steffie glitt aus dem Sessel und beugte sich über mich. Schweigend strich sie mit der Hand über meinen Kopf, dann ging sie wie eine Fremde davon. Als sie die Tür hinter sich ins Schloß zog, rollten zwei Pinsel vom Tisch und fielen auf den Boden. Lange hörte ich das helle, schwingende Geräusch der dünnen Hölzer.
Steffie kam nicht wieder, und ihr Porträt blieb unvollendet. Nur das Bild der heiligen Kunigunde im Schnee sandte ich nach München für die Ausstellung. Die Jury lehnte es ab, doch dabei allein blieb es nicht. Das Bild wurde mir nicht zurückgestellt, sondern einer besonderen Ausstellung ,, entarteter Kunst" überwiesen.
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