habt ihr vertrieben, Hunderte habt ihr zum Schweigen ge- bracht. Ihr erlaubt ihnen nicht zu arbeiten, ihr erlaubt ihnen nicht auszustellen. Jetzt genieren euch die Lücken in euren Museen. Ihr wollt sie füllen. Und dazu soll auch ich dienen, als Lückenbüßer, nicht wahr?“
„Mein Gott “, sagte Lernau ungeduldig und sah mich mit geheucheltem Erschrecken an,„hast du denn allen Glauben an dich selbst verloren?“
„Mein Selbstvertrauen ist gesünder als deines“, erklärte ich mit Schärfe.„Ich habe es nicht nötig, mich durch Aus- stellungen, schmeichelhafte Kritiken und durch wohlbezahlte Aufträge bestätigt zu sehen.“
„Nun machst du auch noch aus deiner Erfolglosigkeit eine Theorie“, sagte Lernau unerschüttert und im Tone innerer Überlegenheit.„Du bist bitter, mein Alter, und das läßt sich ja auch verstehen. Hast du nicht früher ganz anders gespro- chen? Ich erinnere mich da an ein Gespräch mit dem rot- haarigen Ullmann—“
„Der hatte im kleinen Finger mehr Talent als du in der ganzen Hand!“
„So, hatte er das?“ Jetzt wurde auch Lernau heftig und ich freute mich, daß ich ihn endlich aus der Ruhe gebracht hatte.
„Jedenfalls hat er den Staub von den Füßen schütteln müssen, dein Ullmann!“ rief Lernau.„Auch einer von diesen Juden, an denen es in deinem Hause nie gemangelt hat. Und wozu du ihn jetzt verteidigst, begreife ich wirklich nicht. Damals jedenfalls habt ihr beide euch kräftig in den Haaren gelegen.“
Lernau wurde schon wieder ruhiger. Er lachte gar.
„Damals, als Ullmann von der Einsamkeit des Künstlers redete, von der Ungebundenheit, von der inneren und äuße-
ren Freiheit, wie bist du doch damals aufgefahren. Du warst
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