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es, der davon sprach, daß Kunst in der Wirklichkeit stehen muß jawohl, das waren deine Worte! Nun, was willst du, ich stehe in der Wirklichkeit! Die Kunst muß eine Mission haben, sie muß eine Funktion erfüllen

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auch das führtest du als Argument an! Du sagtest: die Kunst braucht einen Auftrag. Nun, ich-"

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, Wie du die Dinge nur so verdrehen kannst!" unterbrach ich ihn. ,, Von zweierlei Aufträgen habe ich gesprochen, von einem materiellen und von einem moralischen Auftrag! Das kannst du doch nicht überhört haben. Den materiellen Auf­trag hast du wohl erlangt, vom anderen läßt sich bei dir nichts spüren. Denn was du die Wirklichkeit nennst, gerade das ist die Lüge! Manchmal frage ich mich", so sagte ich dann ,,, was eigentlich schlimmer ist, eure Autodafés oder das, was ihr euer Schaffen nennt. Das einzige jedenfalls, was es noch an Sehenswertem in den Museen gibt, das sind die leeren Flecke dort, wo die von euch verbannten Werke hin­gen." Ich konnte nicht mehr an mich halten und schlug mit beiden Fäusten auf den großen Arbeitstisch. Was ich sonst nie vor mir selber zugegeben, das Bewußtsein der Öde und der bitteren Trockenheit unseres Lebens, der Unfruchtbar­keit und der Enge, so furchtbar überkam es mich, daß ich auf den Tisch hämmerte, als sei er die Pforte dieses riesigen Gefängnisses, in dem man uns damals hielt.

Ich riẞ die Schublade auf und warf die Drucke der aus den Museen entfernten Bilder auf den Tisch, die ich mir heimlich hatte kaufen müssen, denn sie waren eingezogen worden.

,, Sieh dir das an", schrie ich Lernau zu und wurde wohl ein wenig pathetisch. ,, Sieh sie dir an. Das sind die Weg­zeichen unseres Ringens. Aus diesen Farben brennt der Drang nach Freiheit. Mit diesen Formen strebt unsere Sehnsucht nach dem Schatten ewiger Wahrheit."

Ich packte Steffies Arm. ,, Sehen Sie es sich an", rief ich.

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